Dienstag, 19. November 2002
Mit dem Aufstehen lassen wir uns etwas Zeit, denn als einziger Punkt steht für heute die Rückreise Richtung Namibia auf dem Programm. Also packen wir in Ruhe zusammen, frühstücken und ich bezahle die Rechnung.

Gegen 8:30 Uhr fahren wir los. Wir fahren stur gen Süden: Von Sepopa aus über Gumare, Nokaneng, Konde, Tsau und Setaten bis nach Sehithwa, das am nördlichen Rand des Lake Ngami liegt.

Hier biegt die Straße ab Richtung Südwesten und Ganzi. Ca. 50 km hinter Sehithwa passieren wir wieder den Veterinärkontrollzaun, hinter dem das Maul- & Klauenseuche-freie Ganzi-Farmland beginnt.

Landschaftlich bietet die Strecke wenig Besonderes: Botswana ist flach wie ein Brett – der 400 m hohe Male Hill der Tsodilo Hills ist ja die höchste Erhebung ganz Botswanas, das allerdings, genau wie Namibia, eine gewisse „Grundhöhe“ von ca. 1.000 m über NN aufweist! – und trockenes Buschland wechselt sich mit trockenem Buschland und trockenem Buschland ab. Auch die Fauna bietet nicht viel: An den Straßenrändern weiden Ziegen, Pferde oder Esel, selten auch Rinder.

Esel gibt es in Botswana viele, denn als vor zwei Jahren Brucullose (eine Art Kuh-Tuberculose) ausbrach, musste fast der komplette Rinder-Bestand des Landes geschlachtet werden. Als Entschädigung erhielten die Bauern vom Staat Esel. Jetzt gibt es überall zu viele Esel und die Regierung bemüht sich, das Fleisch an Esel-essende Länder (Teile von Südamerika) zu verkaufen.

Esel sind auch keine guten Straßenverkehrsteilnehmen: Mitten auf der Straße stehend ignorieren sie ein herankommendes Auto so lange, bis es sie umfährt! Einen Esel bekommt man eigentlich nur von der Straße, indem man ihn schiebt! Es ist daher auch kein Wunder, dass wir unterwegs mehrere tote Esel sehen.

Kurz vor Ganzi machen wir unter einem der hier äußerst seltenen und mickrigen Schattenbäume eine kurze Mittagspause, in Ganzi selbst tanken wir und investieren unsere letzten Pula in das Eis, das Heike uns schon seit Rundu versprochen hatte, das es aber nirgends zu kaufen gab. Ich such mit ein „KitKat Ice Cream with real KitKat“ aus: In der Tat steckt in der Mitte der Eiswaffel ein komplettes KitKat!

Danach haben wir es dann ziemlich eilig: Von Ganzi bis zur Grenze nach Namibia sind es noch 200 km. Es ist kurz vor 16:00 Uhr und wir haben die Befürchtung, dass die Grenze um 18:00 Uhr schließen könnte.
Wir geben also Gas – schneller als maximal 120 km/h sollte man hier aber auf keinen Fall fahren, da die Reifen auf dem heißen Asphalt bei zu hoher (weil schneller) Reibung so heiß werden, dass sie zu platzen drohen. Wir passieren einige kleine Orte im hier wieder recht grünen Comunal Land: Tshootsha, Karakubis, Xanagas und als letztes Charles Hill.
 
Einer der dummel Esel Botswanas, die einfach nicht von der Straße gehen wollen, wenn ein Auto kommt!
Dieser Esel hat es vermutlich überhaupt nicht begreifen wollen.
Die Vögel sind Geier!
Daperture (Ausreise) heißt auf Botswanisch offensichtlich
"Ba Ba Bololang"! :)

Dann kommen wir an die Grenze – es ist genau 18:00 Uhr. Es stellt sich allerdings heraus, dass die Grenze (inzwischen) überhaupt nicht mehr schließt, sondern 24 Stunden am Tag passiert werden kann. Die Wiedereinreise nach Namibia klappt ohne Probleme.

Im Grenzgebäude finden wir ein Infoblatt von der Kalahari Bush Break Lodge. Die sieht sehr nett aus und könnte also unser Ziel für die Nacht werden. Von der Grenze bis zur Lodge sind es nur 26 km auf dem Trans-Kalahari-Highway, der quer durch den Süden Afrikas vom Atlantik zum indischen Ozean führt, aber es fängt bereits an zu dämmern, als wir durch das imposante Torgebäude fahren.

Der Portier steigt zu uns ins Auto und zeigt uns den Weg zum Campingplatz. Wir parken das Auto und fangen an, schnell die Zelte aufzubauen, denn schon seit einer ganzen Weile sieht es nach Regen aus und am Horizont gehen immer wieder kräftige Blitze nieder. Fast sofort kommt ein starker Wind auf, der in dieser Gegend meist den nahenden Regen ankündigt und tatsächlich fallen schon wenige Minuten später die ersten schweren Tropfen.

Wir kämpfen mit den Zelten, die sich bei Wind natürlich nicht so gut aufbauen lassen, aber irgendwie klappt es dann doch noch.

Ansgar macht einen kleinen Spaziergang zu dem beleuchteten Wasserloch in der Nähe des Campingplatzes an und kommt mit einem Gast zurück: Lazarus, einer der Farm-Arbeiter (vermutlich vom Stamme der Nama oder der Damara, beides Stämme, der den Buschleuchten relativ ähnlich sehen und die in ihrer Sprache auch die charakteristischen Klack-Laute verwenden) gesellt sich zu uns und wir laden ihn ein, mit uns zusammen zu Abend zu essen. Es soll Millypapp mit tomatiger Gemüsesoße geben und da unser erster Millypapp-Versuch ja ein wenig klumpig ausfiel, soll das Milly-Kochen doch bitte unser einheimischer Experte übernehmen. Das tut er auch gerne. Er beschwert sich allerdings über unseren Kochlöffel, mit dem man Millypapp gar nicht vernünftig rühren kann. „Ich werde euch morgen einen besseren vorbei bringen,“ verspricht er. Trotzdem wird sein Millypapp sehr lecker. Leider fegt gerade in dem Moment, als wir uns zum Essen hinsetzen, erneut eine kräftige Windböe über den Platz, versandet uns das Essen und kündigt den nächsten Regenguss an, der dann auch nicht lange auf sich warten lässt. Dadurch wird das Essen etwas hektisch und ungemütlich.

Lazarus verabschiedet sich bald nach dem Essen und obwohl es erst kurz nach 20:00 Uhr ist, ziehen auch wir uns zurück.

Mir schmeckt der ganze Abend eh nicht so wirklich gut – irgendwie scheint mir eine Laus über die Leber gelaufen zu sein. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie finde ich heute Abend doof!

Der Wind rüttelt am Zelt und es regnet vor sich hin – nur gut, dass wir keinen richtigen Platzregen abbekommen – ich weiß nicht, ob mein Zelt dem so ohne weitere stand halten würde. Diethild und ich stehen auch so schon nach einer Weile noch mal auf, um die Heringe mit Steinen zu beschweren – so sehr rüttelt der Wind am Zelt.

Ich schlafe nicht besonders gut; irgendwie gehen mir heute alle möglichen Gedanken durch den Kopf, allen voran muss ich an die alte, nie wirklich geklärte Manu-JDB-Geschichte denken und mich fragen, auf welcher Chart-Position das Drei ???-Livealbum heute nachmittag wohl gelandet ist...

Als ich letzten Mittwoch in Rundu mit Alexander gesprochen hatte, hatte es in den Trendcharts nur für Plätze zwischen 20 und 25 gereicht – nicht wirklich toll – und ob das im Laufe der Woche noch besser geworden ist...
 
 

Mittwoch, 20. November 2002
Wir stehen wieder verhältnismäßig spät – erst gegen 7:00 Uhr – auf. Sogleich ist auch Lazarus, unser Gast von gestern Abend, wieder zur Stelle und bringt uns, wie versprochen, ein bessere Gerät zum Millypapp-Rühren: Einen aus Zaundraht selbstgebastelten Schneebesen! OK! Jetzt wissen wir Bescheid!
In Namibia und Botswana wird – bei den „einfachen“ Leute – sowieso sehr viel aus Zaundraht hergestellt. Wegen der ganzen Farmzäune scheint es den in Hülle und Fülle zu geben. Er ist biegsam und doch stabil und lässt sich zu allem möglichen formen. Kleine Jungs haben häufig Autos, die sie an einer Stange vor sich herschieben und deren Räder sich sogar lenken lassen – alles komplett aus Zaundraht gebaut!

Wir frühstücken in aller Ruhe und geben auch der wunderschönen weißen Katze, die uns schon seit gestern Abend umlungert, etwas zu fressen. „Sie ist von Touristen hier gelassen worden,“ hatte uns Lazarus gestern erzählt. Ich fürchte, dass sie hier im Busch kaum eine Chance auf ein langes Leben hat; dazu ist sie einfach zu lieb und furchtlos, außerdem gibt ihr ihre schneeweiße Farbe nicht wirklich eine gute Tarnung! Schon wieder spiele ich mit dem Gedanken, die Katze mitnehmen zu wollen (und ich bin sicher, dass auch sie gerne mitkommen würde!) – wenn wir bloß nicht so weit weg wären und es unter Garantie jede Menge Probleme mit dem Flug und der in Deutschland auf die Katze wartende Quarantäne gäbe.

Nach dem Frühstück wollen wir noch einen Spaziergang zu der eigentlichen Lodge machen; gleichzeitig will Heike fragen, ob sie hier einen weiteren Totalisator aufstellen kann. Bevor wir losgehen kracht es zwischen mir uns Heike allerdings noch ganz gewaltig. Ich bin unausgeschlafen und Heike leidet ja scheinbar seit einigen Wochen unter extremen, durch ihre Schwangerschaft bedingten und vermutlich mit ihrem Blutzucker zusammenhängenden, Hormonschwankungen und tickt einfach manchmal aus. Scheinbar völlig grundlos und innerhalb von Sekunden schlägt ihre Stimmung um! Meistens sagt sie noch einen Satz, über den sich alle ein wenig wundern (weil er nicht wirklich Sinn macht), dann kracht das Unwetter los – wer ihr in diesem Moment in die Quere kommt, hat Pech gehabt! Dann donnert und kracht es eine Weile ganz gewaltig und man kann eigentlich nur zusehen, dass man in Deckung geht und die Klappe hält (alles, was man sagt, ist in diesem Moment falsch!), bis der Spuk nach 15 – 20 Minuten wieder vorbei ist!

Hinterher schämt Heike sich und begreift meist selbst nicht mehr, was da gerade mit ihr passiert ist, und warum sie eigentlich so ausgetickt ist.

Seit wir unterwegs sind, hat es immer schon mal solche Situationen gegeben und normalerweise geht mir das ziemlich zum einen Ohr rein und zum anderen raus, zumal meist eh Ansgar derjenige ist, der die Ausbrüche abbekommt – heute morgen erwischt sie mich damit aber komplett auf dem falschen Fuß und ich finde das überhaupt nicht komisch.

Naja, geht auch wieder vorbei...

Bis zu Lodge sind es zwei Kilometer Fußweg, von denen ein Kilometer als Schotter-Landebahn für kleine Flugzeuge ausgebaut ist.

Die Lodge selbst ist ein wahrer Traum: Auf einer kleinen Anhöhe gelegen hat man von den meisten Zimmern einen herrlichen Weitblick über das Buschland der Kalahari.

Obwohl die Besitzer der Lodge nicht da ist, bekommen wir von Lazarus und einer anderen Nama- oder Damara-Frau netterweise das komplette Anwesen gezeigt. Die Lodge ist von einem befreundeten Architekten erbaut worden und man kann sehen, dass der sich hier so richtig nach Herzenslust ausgetobt und verwirklicht hat. Die Wände aller Gebäude sind aus groben Feldsteinen gebaut, die Dächer sind strohgedeckt. Alle der acht Doppelzimmer (vier davon im Haupthaus, vier weitere in zwei kleinen Bungalows) haben ein Bad en suite. Die Armaturen sind jeweils in große, dunkel-schwere Baumscheiben eingelassen. Alle Accessoires sind afrikanischer Machart und überhaupt wirkt alles überaus ansprechend.
 
Die Kalahari Brush Break Lodge
alles ist perfekt
Der überdachte Braai-Platz
verblüffende Architektur...
... im Inneren des Hauses

Im Haupthaus, das durch eine zwei Etagen hohe Galerie mit den entsprechenden Treppen charmant durchbrochen wird, gibt es gemütliche Sitzecken und an den Wänden hängen Jagdtrophäen, die hier nicht mal anstößig wirken. Selbst ein ausgestopfter Giraffenkopf ist dabei! In der zweiten Etage gibt es eine Art Turmzimmer von dem man wieder den atemberaubenden Weitblick über die Kalahari hat. Zwischen dem Haupthaus und den Bungalows gibt es einen Swimmingpool und einen überdachten, aber zu allen Seiten hin offenen Grillplatz. Bei Konferenzen (die hier regelmäßig statt finden) oder Feierlichkeiten können hier bis zu 50 oder 60 Leute bewirtet werden.

Den Totalisator dürfen wir auch aufbauen. Ansgar und Lazarus suchen einen schönen Platz im Garten aus, während wir am Auto warten und uns mit den netten Namas oder Damaras, die relativ gut Englisch können, unterhalten. Sie lasse uns einige bohnenartige dunkelbraune Samen probieren, die sie rösten und die dann recht lecker schmecken. Scheinbar kann man sie auch malen und daraus eine Art Kaffee herstellen. Ich glaube aber nicht, dass diese Samen wirklich Koffein enthalten und eine wachmachende Wirkung haben. Dann gehen wir den langen heißen Weg zurück zum Auto. Erst gegen 12:00 Uhr verlassen wir die Kalahari Bush Break Lodge – und das auch nur ungern, denn uns allen hat es hier verdammt gut gefallen – hoffentlich war das nicht das letzte Mal, das wir hier waren!

Wir fahren Richtung Gobabis. Hier müssen wir tanken und noch ein paar Lebensmittel einkaufen. Da es hier in Gobabis das erste Mal seit Wochen (seit Rundu) wieder ein Handy-Netz gibt, schicke ich von Heikes Handy aus eine SMS an Alexander, der mich prompt zurückruft und mir berichtet, dass die Drei ???-CD „nur“ auf Platz 30 in die Charts eingestiegen ist – das ist natürlich enttäuschend und lässt mich meine Wette („Platz 2“) haushoch verlieren, andererseits: Immerhin: Wir sind mit einem Hörspiel im oberen Bereich der nationalen CD-Charts vertreten – das ist schon mal nicht schlecht!

Weiter geht’s Richtung Windhoek.

Wir wollen gucken, ob wir eine Farm finden, auf der wir noch eine Nacht campieren können. Unser Ziel ist die Farm Heya; allerdings sind wir nicht sicher, ob es auf der Farm überhaupt eine Camping-Möglichkeit gibt.

Die Farm Heya liegt zwischen dem Internationalen Flughafen und Windhoek. Schnell stellt sich heraus, das man auf der Farm nicht campen kann und die angebotenen Cabins oder Zimmer sind uns zu teuer.

Aber einen kleinen „Sundowner“ (der Namibische Ausdruck für einen bei Dämmerung eingenommenen Longdrink) könne wir hier zu uns nehmen. Also setzen wir uns auf die Terrasse und genießen den Blick auf den künstlich angelegten Stausee, an dem sich schon die ersten Tiere tummeln: Ein paar Straußen, ein oder zwei Kudus und eine ganze Herde Springböcke.
 
Die Heya Lodge...
... mit ihrem künstlichen Stausee...
... an dem sich allabendlich...
... Tiere einfinden.

Dann bietet sich für Ansgar und Diethild auch noch die Möglichkeit zu einem kleinen Ausritt; darauf hatten sie den ganzen Tag schon gehofft. Weit reiten sie nicht – jeweils ein mal bis zum Wasserloch und zurück, aber für € 3,- pro Person ist das schon OK.

Heike und ich sitzen währenddessen auf der Terrasse und klönen und unterhalten uns ganz sachlich und in Ruhe über Heikes Hormonschwankungen.

Gegen 18:00 Uhr fahren wir weiter. Da man auf Heya nicht campen kann, fahren wir jetzt doch bis nach Windhoek, wo wir diese Nacht alle bei Katharina übernachten können.

Nachdem wir eine gute halbe Stunde später dort angekommen sind, packen wir das Auto aus, springen nacheinander unter die Dusche, schmeißen gleich zwei Ladungen Wäsche in die Maschine, kochen uns Reis und Kuduwurst zum Abendessen und planen den morgigen Tag in Windhoek.
 
 

Donnerstag, 21. November 2002
Wir schlafen verhältnismäßig lange und frühstücken in Ruhe. Dann erledigt jede(r) von uns einige Telefonate (z. B. die elende Flug-Rückbestätigung), bevor Heike und Ansgar Diethild und mich zu Karl und Freda Steiner bringen – Heike und Ansgar wollen die letzte Nacht vor ihrer Hochzeit allein verbringen und haben und ausquartiert.

Bei Karl und Freda sitzen wir noch eine halbe Stunde auf der Terrasse und wundern uns, dass es am Vormittag in Windhoek blitzt und donnert – es fallen aber nur ganz vereinzelte Regentropfen.

Dann fahren wir alle gemeinsam zum Shoppen in die Stadt, wo wir uns aber sofort trennen. Heike und Ansgar wollen Lebensmittel für die Hochzeits-Party und ihre anschließende einwöchige
Flitterwochen-Tour kaufen, Ansgar braucht für die Hochzeit Schuhe und einen Frisör, Heike will zum Optiker und zur Maniküre, Diethild und ich wollen einfach nur so shoppen. Ich kaufe zwei coole Röcke und zwei Sommerkleider (die ich in den nächsten Monaten in Hamburg garantiert nicht brauchen werde!), Diethild kauft sich eine Bluse und eine Handtasche (weil Heike uns gesagt hat, dass wir auf jeden Fall als Touristen zu erkennen sind, weil wir statt Bluse und Handtasche, T-Shirt und Rucksack tragen!).
 
 
Dann kaufen wir noch eine ganze Tüte voll weihnachtlichem Blödsinn (ja, trotz 35° C im Schatten ist auch hier alles Vorweihnachtlich dekoriert!), mit dem wir morgen das Hochzeitsauto schmücken wollen. Wir machen eine Mittags- und später noch eine Kaffeepause und sind so gegen 16:30 Uhr wieder bei Steiners (Burgstraße 72), wo wir unsere „Beute“ noch mal genau unter die Lupe nehmen und für morgen alles vorbereiten.  . 

Gegen 19:30 Uhr werden Diethild und ich von Heike und Ansgar abgeholt. Wir gehen in ein Äthiopisches Restaurant (zwei Häuser weiter von wo Heike Ruppert wohnt). Das Essen ist unglaublich lecker und die Chefin des Restaurants erklärt, was und wie gegessen wird. Dabei hat sie auch sehr genaue Vorstellungen davon, wie viel und was wir essen sollen und gibt uns ganz klar deutlich zu verstehen, wann wir genug bestellt haben! ;)

Nach dem Essen geht’s weiter in das „Jass“, der einzigen richtigen Bar Windhoeks, wo auch noch ein paar andere Freunde (hauptsächlich von Heike) zu uns stoßen: Heike Ruppert und ihre Brasilianische Untermieterin Martha, eine Michaela (auch eine Freundin von Heike R.) und Sven (?), ein Geologe, den Heike aus Würzburg kennt und der jetzt hier beim Geological Survey arbeitet.

Katharina (Heikes Vermieterin) liegt leider mit Magen-Darm-Grippe flach.

Bis so um und bei Mitternacht sitzen wir nett im Hof der Bar, dann bringen Heike und Ansgar Diethild und mich zurück zu Steiners und fahren selbst auch nach Hause.
 
 

Freitag, 22. November 2002
Schon lange bevor der Wecker um 7:00 Uhr klingelt, sind Diethild und ich wach. Wir duschen und waschen Haare und packen alles zusammen, dann gibt’s bei Steiners Frühstück.

Ansgar kommt gegen 9:00 Uhr mit dem großen Datsun Safari vorbei und wir laden 12 Stühle, 2 Tische und 2 Gefriertruhen, die wir für die Party heute Abend brauchen werden, ein. Damit ist das Auto schon ganz gut voll und ich habe Bedenken, dass alles, was wir zusätzlich noch mitnehmen (müssen), rein passen wird: Gepäck von uns vieren (Diethild und ich müssen alles mitnehmen, weil wir nicht wieder nach Windhoek zurück kommen werden), 3 Wasserkanister, 4 Stretcher, 4 Isomatten, Poijkie und einen großen, 10 l fassenden Wasserkessel, 2 Reservekanister, die große blaue Kochkiste und die ebenso große schwarze Autokiste (in der jede Menge Ersatzteile, die wir bisher zum Glück alle noch nicht gebraucht haben) und 4 Kartons Lebensmittel.
 
 .  Als wir bei Katharina ankommen, mache ich mich also auch gleich daran, das Auto, bzw. zunächst einmal den Dachgepäckträger zu beladen. Ich bin ziemlich stolz, als ich mit Ansgars Hilfe eine Stunde später alle 12 Stühle, die 4 Stretcher und die 4 Isomatten, die beiden Benzinkanister, einen der Wasserkanister und den großen Kessel ordentlich auf dem Dach verstaut und 4-by-4-Pad-tauglich festgebunden habe!

Heike und Diethild kümmern sich währenddessen um das Hochzeitsessen und schnippeln Salate: Griechischen Salat, Tomatensalat, Paprikasalat, grünen Salat und Weißkohlsalat, dazu eine Kräuterbutter, wie ich sie überhaupt noch nie gegessen habe! (2 Pakete Butter, 1 ganze Zitrone (!), 2 Bund Petersilie und eine ganz fein geschnittene Zwiebel, dazu nur ganz wenig Salz und Pfeffer)
Ansgar und ich laden auch den Kofferraum voll – zumindest so weit als möglich: Alles Verderbliche wollen wir erst nach dem Standesamt einladen.

Heike wird langsam aber sicher hibbelig. Sie hat letzte Nacht laut eigener Aussage verblüffend gut geschlafen, aber langsam wir ihr scheinbar die Bedeutung des heutigen Tages bewusst... Wir gut, dass sie beruhigenden Salat schnippeln kann!

Nacheinander duschen wir alle noch einmal, denn nach der Dachgepäckträgerpackerei bin ich schon wieder völlig verdreckt und verschwitzt,  und ziehen uns um. Ich soll Heike die Haare machen – ganz so, wie sie es sich vorgestellt hatte, klappt es allerdings nicht – dazu sind Heikes Haare einfach viel zu glatt; ohne Haarspray ist da nix zu wollen... Aber wir kriegen die Haare trotzdem ganz nett hin und ich kann Heike bei dieser Gelegenheit gleich das obligatorisch blaues Haargummi leihen. (Something old and something new, something borrowed, something blue.)

Ansgar fährt noch einmal los um den Brautstrauß abzuholen: Eine süße Mischung aus roten Rosen und Namibischem Tinnef: Perlhuhnfedern, Straußeneierschalenbruch, Kameldornrasseln und getrockneten Zitronen (naja, nicht wirklich typisch Namibisch). In der Mitte des Straußes sitzt ein hölzernes Perlhuhn.

Praktischerweise bringt Ansgar bei der Gelegenheit auch noch etwas zu essen für uns alle mit!

Dann ist es 13:15 Uhr und wir dürfen endlich losfahren. Wir fahren in dem roten Auto von Katharinas Freund Damien, das Heike während der Zeit, die sie in Windhoek ist, geliehen hat. Vorne rechts ist der Reifen ein bisschen platt – findet zumindest Heike. Ich weiß nicht, ob der Reifen wirklich dringend Luft braucht, oder ob Heike eigentlich nur eine „Ausrede“ sucht, um in ihrem weißen, kurzen, enganliegenden und ihren inzwischen ganz schön dicken Bauch zeigenden Brautkleid an eine Tankstelle fahren zu können... ?!? ;)

Das tun wir dann nämlich! Und der Tankwart guckt schon etwas überrascht: Vermutlich gehören schwangere, weiß gekleidete und selbst autofahrende und Reifen aufpumpende Bräute nicht zu seinen alltäglichsten Kunden...

Das Windhoeker Standesamt liegt in Katutura, dem schwarzen Teil der Stadt, westlich der großen Nord-Süd-Verbindung, der B1. Für Weiße ist es nicht unbedingt ratsam, sich in Katutura aufzuhalten, aber es ist nun mal das einzige Standesamt der Stadt. Die Fahrt dorthin dauert nicht lang und wir sind lange vor der Trauungszeit um 14:00 Uhr da. Heike Ruppert mit ihren Kindern Kaja (5 Jahre) und Erik (4 Jahre), ihre Brasilianische Untermieterin Martha und ihre Freundin Michaela sind schon da, Karl und Freda Steiner fahren gerade vor, Katharina, ihr Ex-Mann Arnold und ihre Kinder Tamina (4 Jahre) und Marlon (6 Jahre) kommen wenig später – damit wären wir dann auch schon komplett.
 
Heike...
... und ihr Brautstrauße
Diethild
Heike Ruppert und Erik

Wir gehen rein. Heike und Ansgar werden erst mal in einen separaten Raum gebeten, wo sie einige Formulare ausfüllen müssen und unter anderem drei Mal bestätigen müssen, dass sie tatsächlich die in Namibia vollkommen gängige Gütergemeinschaft eingehen wollen!

Wir anderen warten währenddessen in einem Vorraum. Das Warten dauert allerdings so lange, dass es uns irgendwann merkwürdig vorkommt... die werden doch nicht irgendwelche formellen Schwierigkeiten haben? Ich werde losgeschickt, um zu gucken, ob alles OK ist – yo, sieht gut aus, geht gleich los!

Wir Wartenden dürfen dann auch schon mal in das „Trauzimmer“: Ein Zimmer, das normalerweise wohl als Gerichtssaal Verwendung findet! Die Wände sind in einem sicherlich beruhigend wirkenden mintgrün gestrichen, alle Möbel sind aus hellem, massiven Holz und halten garantiert so manchem Wutausbruch eines verurteilten Verkehrssünders statt. In der Tat steht (noch?) ein Flipchart im Raum, auf dem diverse Kreuzungsmodelle (T-Kreuzung, Kreisel, normale 4-Stop-Kreuzung, u. s. w.) skizziert sind und auf denen jegliche denkbare Unfallsituation nachgestellt werden kann!
 
 .  Ich frage mich, ob die Standesbeamtin für die Trauung wohl den Platz des Richters einnehmen wird und ob das Brautpaar dann auf die Anklagebank muss?!

Nein, muss es nicht!: Die Standesbeamtin – eine äußerst attraktive Coloured-Frau – fordert alle Gäste auf, hinten auf den Zuschauerbänken Platz zu nehmen. Das Brautpaar und die beiden Trauzeugen (Karl Steiner und ich) setzen sich davor an einen Tisch, die Standesbeamtin stellt sich auf die andere Seite des gleichen Tisches – so schafft sie es, diesem sonst so nüchternen Raum doch eine recht nette, intime Atmosphäre zu geben.

Gegen 14:20 Uhr beginnt die Trauung.

Heike und Ansgar müssen schwören, die Wahrheit zu sagen und dann einige Fragen zu ihrer Person beantworten. Aber da es dabei um Namen und Adressen geht sind die nur bedingt ernst zu nehmen, denn ich habe das Gefühl, dass die Standesbeamtin selbst nicht versteht, was sie da fragt oder wie die Namen der vor ihr sitzenden Brautleute auszusprechen sind! Außerdem müssen sie bezeugen, dass sie die Ehe freiwillig eingehen und in keiner Weise zu diesem Schritt gezwungen worden sind. Wir beiden Trauzeugen werden gefragt, ob einer von uns etwas gegen die Ehe ein zuwenden hat, was wir natürlich brav verneinen.
 
Dann kommen die beiden entscheidenden Fragen, die von Heike und Ansgar brav mit „Yes.“ beantwortet werden. Schließlich werden noch die Ringe getauscht. Heike hat arge Schwierigkeiten, Ansgar seinen Ring über dessen Fingerknubbel zu schieben, aber schließlich klappt auch das und die beiden dürfen sich küssen und sind verheiratet!  . 

Das war doch gar nicht so schwer!

Unsere kleine Gesellschaft geht runter in den Innenhof des Standesamtes. Damit auch sie selbst mit anstoßen kann, hat Heike Orangensaft und Mineralwasser mitgebracht. Ansgars Schwester Thurid hat ein Bettlaken mit einem großen roten Herz bemalt, dass Ansgar jetzt mit Diethilds stumpfer Taschenmesserschere ausschneiden- und dann Heike durch das Herz hindurch tragen muss.

Kaja, Tamina, Marlon und Erik schmeißen mit gelben Blumen und wir machen ein paar nette Fotos.


stehend: Martha, Arnold, Katharina, Freda, Karl, Heike, Ansgar, Diethild
sitzend: Erik, Marlon, Tamina, Heike, Kaja, Corinna

Dann soll’s aber auch bald losgehen, denn wir wollen ja heute noch bis nach Niedersachsen, der Farm am Rande der Namib, wo die Feier statt finden soll, fahren. Also setzen sich alle in Bewegung. Alle müssen noch mal nach Hause um die jeweils Stadttauglichen „Limousinen“ gegen die geländegängigen 4-by-4-Fahrzeuge, die wir für den Weg zum Campingplatz auf Niedersachsen brauchen werden, zu tauschen.

Wir laden noch schnell das Kühlgut ein, dann geht’s los.

Familie, bzw. Herr Ahlert, der Farmer von Niedersachsen, mit dem Heike telefonisch und per e-mail alles besprochen hat, hat die Fahrtzeit Windhoek – Niedersachsen mit ca. 1 ½ Stunden angegeben. Das stimmt für uns leider vorne und hinten nicht! Nach 1 ½ Stunden ist von Niedersachsen noch überhaupt gar nichts in Sicht; vielmehr brauchen wir fast doppelt so lange, bis ich endlich das Farmhaus in seiner exponierten Lage wiedererkenne. Das wir so lange gebraucht haben, ist schon etwas ärgerlich, denn inzwischen ist es nach 18:00 Uhr und bis zu Dunkelheit bleibt nicht mehr viel Zeit.
 
Auf dem Weg zur...
... Farm Niedersachsen

Der 4-by-4-Campingplatz, auf den wir eigentlich wollen, liegt noch einmal ca. 30 Minuten vom Farmhaus entfernt – 30 „Ahlertsche“ Minuten – für uns also vermutlich eher eine knappe Stunde – es scheint nicht sehr sinnvoll, dass wir heute Abend überhaupt noch so weit fahren. Vor allem Heike Ruppert, die schon seit kurz hinter Windhoek mit uns Kolonne fährt, ist nach der 3-stündigen Fahrt in ihrem „Landy“ (Landrover) – auf dem man mehr reitet, als das man in ihm sitzt – ziemlich kaputt und hat sicher keine Lust mehr ihre Kinder eine weitere Stunde auf einer steinigen 4-by-4-Pad durch die Dunkelheit zu schaukeln und bei Laune zu halten.

Auch Heike – die sich nach langen Diskussionen in den vergangenen Wochen doch dazu durchgerungen hat, Ansgars Namen anzunehmen und demzufolge jetzt Heike Urte Wanke heißt! – hat wenig Lust ihrem 7-Monats-Kind das – egal, ob Mädchen oder Junge – mit zweitem Namen ja eh schon Pad heißen wird – eine weitere Stunde „Whirlpool“ zuzumuten.

Aber zunächst einmal stehen wir sowieso vor dem verschlossenen Farmtor und warten minutenlang, ob nicht vielleicht doch mal jemand auf unser klingeln, hupen und bellen (!) reagiert!

Endlich zeigt mein Bellen eine Wirkung, die Hunde schlagen an und einer der Farmarbeiter kommt ans Tor gefahren und weist uns an, zu einem anderen Tor zu fahren, durch das wir dann auf die Farm gelangen werden. Wir sind uns nicht sicher, ob hier heute mit (angemeldetem!) Besuch gerechnet wurde...
Zum Glück kommt just in diesem Moment auch Katharina angefahren, so dass sie uns gleich folgen kann. Sie ist ca. 1 Stunde nach uns in Windhoek aufgebrochen und hat somit den Beweis erbracht, dass man die Strecke zumindest in zwei (wenn schon nicht in 1 ½ Stunden) schaffen kann. Karl und Freda Steiner haben die Fahrt nach Niedersachsen aus gesundheitlichen Gründen leider kurzfristig absagen müssen.
Wir folgen dem gebrochen deutsch sprechenden Farmarbeiter auf den nahe am Haus gelegenen zweiten Campingplatz, der eigentlich auch ganz nett ist: Auf einer freien, steinigen Fläche sind aus groben Feldsteinen drei Unterstände mit Wellblechdächern aufgebaut worden. In einem gibt es Toilette und Dusch, die anderen beiden sind sozusagen geräumige Regenunterstände. Für die mitgekommenen Kinder ist das allemal praktischer – auch wenn es nicht wirklich nach Regen aussieht.

Wir beeilen uns, alles abzuladen und aufzubauen. Heike hat an weiße Tischtücher und bunte Dekoration (Windlichter und Baobabsamen) gedacht und alles sehr liebevoll vorbereitet.

Eigentlich was es so gedacht, dass wir schon zwischen 17:00 und 18:00 Uhr auf der Farm sind und dann erst gemütlich Kaffee getrunken wird, bevor der Grill angeschmissen wird, aber dafür ist es jetzt irgendwie schon zu spät. Also essen wir den leckeren von Katharina gebackenen Käsekuchen als Vorspeise und heizen den Grill gleich mit an. Wir haben alle ziemlichen Hunger und Durst!
 
Die Hochzeits-Tafel
Hochzeits-Braai
mit Kindern

Zum Glück dauert es nicht lange, bis alle mit kühlen Getränken, leckeren Salaten und dem ersten Grillgut versorgt sind. Auf Diethilds Teller liegt laut ihrer eigenen Aussage ein Stück Straußenhals mit Steinen! J, aber Diethild kann man ja – seit sie in den letzten Wochen den Alkohol für sich entdeckt hat – eh nix mehr glauben... Alle anderen haben leckere Steaks auf ihren Tellern liegen und lassen es sich schmecken!
Und so wird es – nach der etwas hetzigen Fahrt hierher – doch noch ein sehr gemütlicher Abend im netten Kreis von Heike und Ansgars Namibischen Freunden.

Erst gegen Mitternacht sind Amarula- und Whiskeyflasche leer, alle Bäuche voll und alle Kinder von ihrem Angelturm – vom Dach unseres Autos – zurück.

Es weht ein leichter Wind, so dass wir keine Moskitonetze brauchen, sondern mit freiem Blick auf den atemberaubenden afrikanischen Sternenhimmel einschlafen. Nur der Mond stört – die „Schweine-Laterne“ leuchtet einfach zu hell!

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