Samstag, 23. November 2002
Der Tag startet gleich mit einem Hitzeschlag: Schon morgens um 7:00 Uhr kann man merken, dass dies wohl der heißeste Tag werden wird, den wir in Namibia erleben. „Laß uns bloß schnell die Tische unter eins der Wellblechdächer tragen,“ sind wir uns alle einig, „in der prallen Sonne ist es schon jetzt nicht mehr auszuhalten!“ Und wo wir gestern von den Dächern noch nicht so begeistert waren („Schattenparker!“), sind sie heute ein wahrer Segen. Mehr noch, weil ich sicher nicht die einzige bin, die doch noch etwas zu viel Amarula-Bier-Gemisch in ihren Blutbahnen kreisen hat!

Also schleppen wir die Tische mit letzter Kraft schnell in den Schatten und machen dann gaaanz langsam weiter. Das heißt... eigentlich machen wir gar nicht weiter, denn außer einem langen, leckeren und gemütlichen Frühstück tut sich überhaupt nicht viel. Nur Diethild, bzw. Familie Wanke war fleißig und hat einige Hochzeits-„Dinge“ vorbereitet, die Diethild jetzt nacheinander hervorzaubert:
 
Die Farm Niedersachsen...

 
... am Rande der Namib.

 
Ein Wasserrad in der Nähe des Kuiseb und...
... ein einsamer Kücherbaum.

 

Ein Fotoalbum, auf dem jeder der Familien seine Glückwünsche geschrieben hat, ein Strauß Luftballons, an dem kleinen Pappblumen mit weisen Sprüchen drauf hängen und eine Giraffe auf der unter jedem ihrer zahlreichen und abnehmbaren Flecken ein kleines oder größeres Geschenk (bzw. der Gutschein für das Geschenk) versteckt ist. Alles mit sehr viel Liebe vorbereitet!

Ansonsten sind wir allesamt nur lethargisch, futtern und trinken vor uns hin und lassen den Tag an uns vorüberziehen.

Erst als die Sonne den Zenit lange durchschritten hat und Heike und Katharina, die bald nach dem Frühstück aufgebrochen sind, vermutlich längst in Windhoek angekommen sind, kommt wieder etwas Bewegung in unsere müde Runde, denn heute wollen wir es dann doch noch auf den anderen Campingplatz schaffen! In immer noch glühender Hitze packen wir also das Auto und schaukeln über den steinigen Weg zurück zum Farmhaus. Wir treffen Herrn Ahlert und seinen Sohn vor dem Haus auf dem Hof. Auch er meint, dass wir am besten gleich weiter fahren, denn auch wenn es bis zu dem Campingplatz nur 11 km sind, ist die Pad so „rough“, dass wir vermutlich eine ganze Stunde brauchen werden. Wir bekommen eine handgezeichnete Karte in die Hand gedrückt, auf der auch notiert ist, welche Farmtore offen bleiben können und welche auf jeden Fall (wieder) hinter uns geschlossen werden müssen.

Die Pad ist zunächst noch ziemlich gut und führt über flache, größtenteils grasgewachsene Bergrücken. Je mehr wir uns aber dem Flußtal des Kuiseb nähern, um so schroffer und felsiger wird die uns umgebende Landschaft. Wir sind hier übrigens genau in der Gegend, in der sich seinerzeit die beiden Geologen Dr. Henno Martin und Hermann Korn versteckt hatten, um dem in Deutschland tobenden II Weltkrieg und ihrer Einberufung zu entgehen. Die Höhle, in der sie sich damals versteckt hatten, und die in ihrem Buch „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“ (das mit Herr Ahlert vor zwei Jahren zu Lesen empfohlen hatte) ausführlich beschrieben wird, liegt auf dem Gelände der Farm Niedersachsen und kann auch heute noch besichtigt werden. Leider fehlt uns dazu die Zeit.

Die letzten zwei oder drei Kilometer sind dann wirklich Off Road! Im „Low 4“, dem kräftigsten der Allradgetriebegänge quält sich das Auto ganze Felsstufen empor. Die Felsen sind teilweise scharfkantig und stehen schräg zur Fahrspur, so dass wir uns um die Reifen Sorgen machen, aber ein 19 Jahre altes, 400.000 km gefahrenes Auto bringt eben so schnell nix aus der Bahn!

Nach einer knappen Stunde erreichen wir den Campingplatz. Er liegt fast auf der Kuppe eines flachen Berges und der (Weit-)Blick, den man von hier oben hat, ist wirklich atemberaubend schön! So schön, dass sich alle einige waren, dass Dusche und Toilette keine Tür bekommen sollten, damit man auch von dort aus den Blick genießen kann! Auch hier sind aus grobem Feldstein Unterstände gebaut worden, die vor Regen und vor allem vor Wind schützen sollen!
 
Der Blick vom Klo!
Der windschützende Unterstand

 
Mein Lieblingsjob:
Das Entladen des Autogepäckträgers!

Wir packen aus und weil das Licht der Abendstimmung so schön ist, schmeißen Heike und Ansgar sich noch einmal in ihre Hochzeitsgarderobe und Diethild und ich versuchen, ein paar richtige romantische Hochzeitsfotos von den beiden zu machen.
 

Dann sitzen wir lange zusammen und reden hauptsächlich über emotionale Unausgeglichenheit, die die hormonellen Schwankungen einer Schwangerschaft mit sich bringt und die Heike in den letzten Tagen und Wochen des öfteren doch ganz erheblich aus der Bahn geworfen haben. Aber: Wenn man die Gründe kennt, kann man sich ja auch viel leichter danach richten!
 
 .  Erst recht spät fangen wir an zu Abend zu essen. Ein letztes Mal gibt es gegrillte Steaks und Salat, bevor wir uns – auch dies zum letzten Mal – auf die Stretcher legen und die nicht mal durch ein Moskitonetz getrübte Sicht auf den afrikanischen Sternenhimmel genießen!

 

Sonntag, 24. November 2002
Mit der Sonne zusammen wachen wir auf. Sie geht so wunderschön über den Bergen auf!

Wir packen alles zusammen, denn um 13:00 Uhr soll ich im Flughafen von Windhoek einchecken und bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Wir wollen lieber unterwegs noch eine kleine Frühstückspause einlegen. Dazu kommt es aber gar nicht, denn nachdem wir wieder fast eine Stunde brauchen, um die 11 km zwischen Campingplatz und Farmhaus zurückzulegen, landen wir erst mal eine Stunde lang in Ahlert Wohnzimmer. Wie (fast) alle Farmer Namibias hat auch er viel zu klagen: Der ausbleibende Regen, die ungewisse politische Situation, in der man nicht mehr sicher sein kann, ob nicht vielleicht schon morgen Gesetze in Kraft treten werden, die alle weißen Farmer enteignen – bei einer fast komplett schwarzen Regierungsmannschaft wäre das durchaus denkbar – oder auch über die Härte des (Farm-)Lebens im Allgemeinen.

Trotzdem ist es ein sehr nettes und bei weitem nicht nur negatives Gespräch, das gerne auch noch länger hätte dauern können, würde uns nicht die Zeit ein wenig im Nacken sitzen.

Um Punkt 9:00 Uhr verabschieden wir uns also und machen uns auf den Weg Richtung Windhoek. Auch heute sehen wir nicht, wie man die Straße schneller befahren könnte (zumindest nicht ohne ein doch erhebliches Risiko) und brauchen wiederum fast drei volle Stunden bis wir in der Ferne die Umrisse von Windhoek erkennen.

Für eine Frühstückspause ist jetzt auch keine Zeit mehr. Statt dessen wollen wir lieber direkt zum Flughafen, der ja auch noch mal eine ca. ¾ Stunde außerhalb Windhoeks liegt, durchfahren und dort eine gemütlich(er)e Mittagspause machen.

Als wir am Flughafen ankommen, ist es schon kurz vor 13:00 Uhr und ich kann direkt einchecken.

Diethild hat leider nicht so viel Glück: Ihr Flug geht erst um 21:00 Uhr und vor 18:00 Uhr wird sie auch ihr Gepäck nicht loswerden können... Das ist natürlich schön blöd, wenn sie jetzt stundenlang mit Gepäck auf dem ohnehin schon recht langweiligen Windhoeker Flughafen totschlagen muß. Aber nach Windhoek zurück zu fahren, würde sich dann doch nicht lohnen. Sie will aber jede Menge Postkarten schreiben – ein paar Stunden wird sie so schon rum kriegen.

Nachdem ich mein Gepäck also losgeworden bin, gehen wir wieder raus, holen unsere Frühstückskiste aus dem Auto, machen es uns unter einem schattenspendenden Yakarula (?)-Baum bequem und essen endlich etwas!

Dann ist es für mich auch schon Zeit, durchzugehen und ich verabschiede mich von Diethild, Ansgar, Heike und Heikes inzwischen ganz schön dickem Bauch.

Der Rückflug ist unspektakulär und ähnlich schwachsinnig gebucht, wie der Hinflug: Sowohl in Johannisburg, als auch in London-Heathrow habe ich jeweils drei Stunden Aufenthalt. Die drei Stunden in London (zwischen 5:00 und 8:00 Uhr morgens!) nutze ich für Weihnachtseinkäufe in den Flughafenshops.

In London kommen wir dann auch erst mit einiger Verspätung los, weil – wie sollte es in London laut der Legende auch anders sein – die Stadt im Nebel versunken ist. Aber irgendwann geht’s dann auch dort weiter und 1 ½ Stunden später landen wir wieder in Hamburg.


Corinna am Rande der Namib
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24.11.2002 – 18:30 Uhr – International Airport Johannesburg, South Africa: Band Aid – „Do They Know It’s Christmas?“
 
 

... und jetzt die Fotos angucken?!