Montag, 11. November 2002
What for a besch*** Nacht! Ich habe fast überhaupt nicht geschlafen:

Zuerst schwitze ich in meinem Schlafsack ganz fürchterlich, mag mich ob der Moskitos aber auch nicht auf oder neben den Schlafsack legen. Und gerade als das mit dem Schwitzen ein bißchen besser wird, fängt es in der Ferne an zu blitzen. Ich habe das Gefühl, dass ein kräftiges Gewitter im Anmarsch ist und habe keine Lust, das unter einem der größten Bäume der Umgebung liegend, mitzuerleben. Immerhin bin ich in gewisser Hinsicht ja ein „gebranntes Kind“! Als ich meine, auch die ersten Tropfen zu spüren, packe ich Schlafsack und Moskitonetz zusammen und verstaue alles im Auto. Was ich jetzt aber tun soll, weiß ich auch nicht wirklich...

Im Auto schlafen? Ungemütlich!

Zelt aufbauen? Zu windig!

Wach bleiben und dem Gewitter zugucken? Zu müde!

Diethild scheint von ähnlichen Gewitter-, bzw. Regenängsten geplagt zu sein, denn auch sie steht auf und baut ihr Nachtlager ab. Ich lege mich eine Weile ins Auto, während Diethild mit einer Decke auf den Hochsitz krabbelt. Wir merken aber schnell, dass beide Plätze nicht das Wahre sind. Außerdem scheint das Gewitter auch gar nicht näher zu kommen. Vielleicht ist es nicht mal ein Gewitter, sondern nur Wetterleuchten?!?

Schließlich geben wir uns beide geschlagen und bauen unsere Stretcher wieder auf – jetzt allerdings ohne Moskitonetze und direkt neben dem Auto.

Leider kann ich trotz allem immer noch nicht schlafen, denn jetzt ist mir wieder fürchterlich heiß! Mist!
Wohl erst so gegen 3:00 Uhr früh schlafe ich endlich ein...

Dass uns Heike noch vor 5:00 Uhr weckt, paßt mir also gar nicht, aber watt soll’s...

In Windeseile und nur provisorisch packen wir alles zusammen, springen ins Auto und fahren – im ersten „Dawnlight“ (Dämmerlicht) zur ca. 5 km entfernten Gura Pan. Dort angekommen klettern wir leise auf den Hochsitz und warten auf all die Elefanten, Gnus, Zebras und Giraffen, die sicher gleich kommen werden...

Leider ist dem allerdings überhaupt nicht so. Nach einer Stunde haben wir nix weiter, als drei große und ein kleines Perlhuhn gesehen...

Heike macht uns Frühstück.

Auch nach dem Frühstück tut sich nichts an der Tränke, also fahren wir ab.

Zunächst geht’s noch einmal zurück in Richtung Raleigh Camp. Auf dem Weg dorthin ist eine Pumpe, von der Heike gerne eine Wasserprobe hätte. An der Pumpe gibt es allerdings weder Keilriemen noch Kurbel, so dass wir sie nicht anschmeißen können und hier erfolglos bleiben. Dass die Pumpe allerdings regelmäßig in Betrieb sein muß, ist daran zu erkennen, dass sie mit frischem Dieselöl befüllt ist. Später erfahren wir, dass diese Pumpe nur von offizieller Seite aus angeworfen werden kann.

Wir fahren ein Stück weiter und entdecken eine Handpumpe. Einige Ziegen sind gerade auf dem Weg zu dieser Tränke und auch ein Buschmann-Hirte ist bei ihnen. Mit Hilfe von wenigen Worten Englisch, die er verstehen und sprechen kann und vielen Gebärden fragen wir ihn, ob wir eine Probe des Wassers nehmen können. Kein Problem!

Innerhalb kurzer Zeit ist dann das halbe Buschmanndorf, das ganz in der Nähe liegt, an der Tränke. Drei kleine Jungs treiben Fahrradfelgen vor sich her, ein kleines Mädchen, das sich gerade mit Hilfe eines Tuches einen gefüllten Wasserkanister auf den Rücken gebunden hat, um ihn ins Dorf zu tragen, unterbricht ihre Tätigkeit. Ein kleiner Junge läuft schnell ins Dorf zurück und holt einige Ketten und Armbänder, von denen er eins erfolgreich an Diethild verkauft und einige Frauen sind, mit kurzen Sicheln in den Händen, gerade auf dem Weg zur Veldfruchtlese (Ernte).

Wir erregen schon einiges Aufsehen, werden aber keinesfalls bedrängt. Die Buschleute winken und lachen, fragen, ob einer von uns Raucher ist und somit Tabak zu verschenken hat – meistens ist es eine der Dorf-Ältesten Frauen, die das fragt – wahren ansonsten aber immer eine gewisse Distanz. Aber immer lächelnd und mit einem freundlichen Gesicht.

Leider denkt keiner daran, unsere Übernachtung im Raleigh Camp zu bezahlen... Eigentlich ist es nämlich so, dass jeder der Campingplätze im Nyae Nyae Conservancy zu einem der Buschmanndörfer dieser Gegend gehört. Man soll sich bei den Buschleuten melden und dort seine Übernachtung auf dem Campingplatz bezahlen. Gestern abend hatten wir das Dorf nicht mehr finden können (in der Tsumkwe Lodge waren zwar die Satelliten-Koordinaten der Dörfer angegeben, aber so ganz scheinen die auch nicht immer zu stimmen), und heute morgen vergessen wir schlicht und einfach das Bezahlen.

Allerdings hätte dieser Campingplatz auch N$ 30,- (ca. € 3,-) pro Person kosten sollen, was schon ganz schön viel ist. Theoretisch hätte es nämlich sogar Toilette und Dusch geben sollen – praktisch waren beide zwar gebaut aber nicht an die Wasserleitung angeschlossen. Und eine Dusche ohne Wasser ist nun wirklich nicht als Dusche zu gebrauchen! Also fand vor allem Heike N$ 30,- einen nicht gerechtfertigten, viel zu hohen Preis. Es tut uns später, als uns einfällt, dass wir die Übernachtung nicht bezahlt haben, allerdings schon leid, dass die Buschleute jetzt komplett leer ausgegangen sind.

Von dem Dorf aus fahren wir Richtung !Goucha Pan. Das ist die Pfanne, an der wir vorletztes Jahr so viele Geier gesehen hatten und an deren Rand wir einen Elefanten beim Trinken überrascht hatten.

Auch in diesem Jahr steht an einer Ecke der Pfanne wieder / noch Wasser. Das liegt aber daran, dass auch diese Pfanne wohl von einer Quelle gespeist wird. Wobei „Quelle“ hier jetzt nicht heißen soll, dass dort Wasser aus dem Boden sprudelt, sondern vielmehr, dass das Wasser, wenn es verdunstet oder getrunken wird, von unten nachläuft.

Viel Wasser steht nicht in der Pfanne. Gerade genug, um ein paar durstige Tiere zu tränken. Allerdings scheinen nicht mehr besonders viele Tiere auf die !Goucha Pan zurückzugreifen, denn es liegt nicht viel frischer Kot an der Tränke.

Heike macht im Schatten des Autos einen Infiltrationstest***, Ansgar zeigt mir, wie ich theoretisch Diamanten finden und erkennen kann und ich hole Heike eine Wasserprobe aus der Quelle und messe die Wassertiefe an der tiefsten Stelle der Quelle (1,30 m). Tiere sehen wir während der ganzen Zeit auch hier nicht.

Nachdem Heike mit ihrem Test fertig ist, wollen wir gucken, ob wie dieses Jahr an der Stelle, an der wir vor zwei Jahren wegen des Elefanten keine Wasserprobe bekommen hatten, jetzt eine bekommen können.
Wir haben ein ganz klein bißchen Schwierigkeiten, den Weg zu der Pumpe wieder zu finden, sehen statt dessen aber ein Warzenschwein auf der Flucht vor uns und entdecken unter einem schön gelegenen Baobab das Grab eines Buschmanns (?), der 1988 77-jährig verstorben ist. „He stopped our feet – he taugh us“ steht auf dem Grabstein. Vielleicht war er aber auch gar kein Buschmann, sondern ein Missionar, der die Buschleute das erst mal seßhaft gemacht hat? Wer weiß... Sein Name gibt darüber keinen Aufschluß.

Auch dieses Jahr werden wir an der Pumpe nicht fündig. Der Tank ist leer, an der Pumpe fehlen Keilriemen und Kurbel – hier ist nix zu wollen.

Also fahren wir weiter in Richtung Nyae Nyae Pan. Die Pad ist holprig aber gut zu finden – besser als vor zwei Jahren.

Beim Durchfahren einer kleinen namenlosen Pfanne scheuchen wir einen dort auf dem Boden sitzenden Adler auf. Mit mächtigen Flügelschlägen erhebt er sich und schwebt über unsere Köpfe! Ich muß über mich selbst lachen: Vor allem im vorletzten Jahr habe ich in jedem Vogel einen Adler sehen wollen – jetzt, wo wir wirklich einen sehe, bin ich so verduzt, daß ich ihn als Geier bezeichne!

In der Nyae Nyae Pan sehen wir zuerst drei Strauße (allerdings aus ziemlich großer Entfernung), dann noch mal einen einzelnen Strauß, der vor uns aber kein Reißaus nimmt, sondern sich so verhält, als würde sich im Hintergrund sein Weibchen und eine Schar Junge aufhalten, das er zu beschützen versucht.
Etwas weiter drinnen in der Pfanne sehen wir dann zwei Gnus und kurz darauf eine ganze Herde (ca. 33 Tiere) Springböcke, die ihrem Namen alle Ehre machen, als sie in wilden Hechtsprüngen vor uns über die Pad jagen.

Im hinteren Teil der Pfanne entdecken wir dann ein Windrad. Es leitet das hochgepumpte Wasser gleich nebenan in die Pfanne, wo es eine kleine Pfütze bildet. Zwei rosa Flamingos landen gerade, als wir uns nähern.

Am Rand der Pfanne wird gearbeitet. Erst als wir Aussteigen, um zu fragen, wo und wie wir eine Wasserprobe nehmen können, durchschauen wir, was hier passiert: Eine ganze Schar Jugendlicher ist hier mit dem Bau eines neuen Hochsitzes beschäftigt. Vermutlich ist es eine Art Work Camp. Eine junge farbige Frau erzählt uns, daß auch hier Raleigh International dahinter steckt – das sind die, die auch schon die beiden anderen Hochsitze (an der Gura Pan und der Dube Pan) gesponsort haben.
 
Eine Herde Springböckt mitten in der Nyae Nyae Pan.
Das Arbeits-Camp...
... am Rander der Nyae Nyae Pan.
Ob mit diesem Wasser alles in Ordnung ist?!?

Ursprünglich ist das Nyae Nyae Conservancy vom WWF (World Wildlife Found) eingerichtet worden, aber ich habe das Gefühl, dass der WWF nur als „Initialzünder“ fungiert hat, dass jetzt aber diverse andere Organisationen in diesem Gebiet aktiv sind – vom WWF spricht zumindest niemand mehr.

Die Frau zeigt uns, wo wir die Wasserprobe am besten nehmen können und erzählt uns auch noch von einer zweiten Pumpe in der Khabi Pan.

Da wollen wir dann auch noch hinfahren. Zunächst einmal brauchen wir aber ganz dringend eine Mittagspause. Es ist 13:00 Uhr und in den Baum- und daher vollkommen Schattenlosen Pfannen ist es
knall heiß und wie sind seit 5:00 Uhr unterwegs.

Dazu brauchen wir aber einen großen, Baum und der ist in der Nyae Nyae Pan nirgends zu finden. Wir fahren nach Süden in Richtung Khabi Pan.

Kurz halten wir auch an der Stelle am südlichen Rand der Nyae Nyae Pan, an der wir vor zwei Jahren die Tüten mit den Bohrkernen gefunden hatten und auch entdeckt hatten, dass in der Tüte mit der Beschriftung 40 – 41 m zumindest Spuren von Diamanten zu finden waren. Heute ist von den Bohrungen heute nichts mehr zu sehen.

Erst am Rande der Khabi Pan selbst finden wir einen großen Baobab, aus dessen Zweigen sich, als wir uns nähern, auch wieder ein Adler erhebt. Hier machen wir Pause.

Das mit dem Schattenspenden wird währenddessen zur Nebensache – um uns herum ziehen dunkle Wolken auf, es blitzt und donnert und die ersten Tropfen fallen. Aber nicht schlimm.

Wir machen nur kurz Pause, denn Heikes Ziel ist es, möglichst noch bis zu einem Buschmann-Camp zu kommen, das schon jenseits der Straße von Tsumkwe nach Gam und damit schon fast an der Grenze zu Botswana liegt. Und bis dahin ist es noch weit!

Erschwerend kommt hinzu, daß die Pad hier extrem schlecht ist. Immer wieder wird der eh schon steinige Weg von Kalkret-Rücken durchbrochen, die man wirklich nur im Schrittempo (höchstens!) überfahren kann.

Und Heike schaukelt die ganze Zeit ja auch noch ihr Baby mit durch die Gegend! Aber das Kind hat eh schon seinen zweiten Namen sicher: Pad (egal ob Junge oder Mädchen)!

Wir durchqueren eine weitere Pfanne, die Nuuno Pan. Hier sehen wir noch einmal ein paar Strauße und einen Schakal (alle nur von weitem), vor allem aber eine aus ca. 15 Tieren bestehende Kudu-Herde. Das ist laut Heike eine ganz besondere Seltenheit, denn die Kudus gelten als die scheuesten Antilopenart. Selbst in Etoscha gibt es so etwas kaum je zu sehen.
 
Eine Agame
ein Pillendrehkäfer, der sich ziemlich übernommen hat!
Abendstimmung in der Kalahari!

Zwischendurch werde ich doch tatsächlich auch mal Hamburg-Sentimental: Heute ist der 11.11. – der VÖ-Termin des Drei ???-Live-Mitschnitts und wenn ich ehrlich bin würde ich mich heute schon gerne mal im Internet rumtreiben und sehen, wie ca. 15.000 Ersttagskäufer die CD gefällt...

Aber der sentimentale Anfall ist schnell verflogen und ich bin wieder mit ganzem Herzen in der Kalahari, wo auch gleich das nächste Highlight auf uns wartet:

Die ganze letzte Zeit schon fällt uns auf, daß die Elefantenspuren mehr werden, je weiter wir nach Süd-Osten fahren. Das widerspricht eigentlich der Aussage von Christian und der jungen Frau an der Nyae Nyae Pan, die beide auf meine Frage hin, wo den zur Zeit die Elefanten zu finden wären, mit „nördlich von Tsumkwe“ geantwortet hatte.

Ich habe das Gefühl, daß auch hier – süd-östlich der Nuumo Pan in jüngster Zeit einige Elefanten gewesen sein müssen. Und richtig: Irgendwann vermeldet Ansgar, der am Steuer sitzt, daß vor uns auf der Pad frische Elefantenspuren zu sehen sind. Die Tiere können also nicht weit sein.

Noch bevor wir angehalten haben um vom (immer wieder so nützlichen) Dachgepäckträger aus einen Blick auf die Umgebung zu werfen, sehe ich in einiger Entfernung vor uns zwei Elefantenrücken!

Wir wollen lieber etwas mehr über die Tiere wissen und Ansgar klettert mit dem Fernrohr aufs Dach. Die Tiere sind inzwischen aber weiter gegangen und jetzt so weit entfernt, daß Ansgar nicht mehr erkennen kann, ob vielleicht ein Kuh mit Kalb oder ein junger männlicher Draufgänger dabei ist.

Da die Elefanten aber nach wie vor auf unserer Pad unterwegs sind, müssen wir es somit mit ihnen aufnehmen. Langsam und vorsichtig fahren wir also weiter. Nach einigen hundert Metern sehen wir die beiden Elefanten wieder vor uns. Beide haben die Pad inzwischen verlassen, einer steht jetzt recht, der andere links des Weges. Beide haben aber so großen Abstand zum Weg (jeweils ca. 50 m), daß wir uns ruhig zwischen ihnen hindurch wagen können. Sie haben uns logischerweise bemerkt, beobachten uns genau, scheinen aber kein wirkliches Problem mit uns zu haben.

Wir fahren langsam weiter, fotografieren aus dem fahrenden Auto heraus und sind froh, an diesen wunderschönen, aber doch durchaus gefährlichen (weil wilden!) Tieren vorbei gekommen zu sein, als wir ein paar Wegbiegungen weiter völlig unvorbereitet einem weiteren Elefanten gegenüber stehen!

Und zwar ziemlich direkt gegenüber!
 
Was für ein Größenunterschied: "Innen" mein Fußabdruck, drumherum der eines Elefanten
Dieser Elefant ist
gaaanz
nah!
Auch hier ist ein (wütender) Elfant unterwegs gewesen!

 

Klarer Fall: Hier ist eine Entscheidung gefragt!
(Border = Botswana)

Das riesige Tier ist nur noch ca. 20 m von uns entfernt, als wir uns gegenseitig entdecken. Das ist nicht besonders viel... Der Elefanten dreht sich sofort zu uns. „Ich habe euch gesehen – dies hier ist mein Territorium! Gebt acht und macht keinen Fehler!“ gibt er uns unmißverständlich zu verstehen.

Wir halten an und beratschlagen kurz, was zu tun ist. Wir müssen auf jeden Fall mehr oder weniger direkt an ihm vorbei – sollte er sich nicht von sich aus wegbewegen, wozu er aber keinerlei Anstalten macht. Das Vorbeifahren sollte aber möglichst zügig und gleichmäßig passieren, damit er weder erschrickt, noch sich von uns angegriffen fühlt. Denn selbst in einem Geländewagen hat man gegen einen wütenden Elefanten kaum eine Chance.

Sicherheitshalber legen Heike und Ansgar schnell noch das All-Rad ein. Falls der Elefant hinter uns her kommen sollte, haben wir so wenigstens eine geringfügig bessere Chance, ihm in dem weichen Sand zu entkommen.

Dann fahren wir los. Der Elefant beobachtet uns. Wir fahren fast genau auf ihn zu und plötzlich geht alles sehr schnell: Ansgar gibt etwas zu viel Gas, der Motor heult auf, die Räder unsers Autos drehen durch, der Elefant erschrickt, fährt herum, geht gleichzeitig aber auch einen Schritt zurück, schnaubt und läßt uns dann aber doch vorbei fahren.

Hinterher weiß keiner mehr so genau, wie das jetzt alles war. Dazu ging einfach alles zu schnell und setzte bei uns allen zu viel Adrenalin frei!

Klar ist nur, daß der Elefant nur noch ca. 5 m von unserem Auto entfernt war, und dass das schon wesentlich dichter war, als eigentlich gut gewesen wäre!

Klopfenden Herzens fahren wir weiter durch die wunderschöne Landschaft, bis wir wenig später die Straße von Tsumkwe nach Gam erreichen. Wir überqueren sie und fahren jetzt auf der Pad Richtung Botswanischer Grenze. Hier soll es bei einem Buschmanndorf mit dem schicken Namen !O’baha einen
Campingplatz geben.

Auch auf dieser sandigen Pad entdecken wir wieder frische Elefantenspuren, können die dazugehörigen grauen Riesen aber nirgends entdecken – ist auch besser so – ich glaube, für heute haben wir alle genug Elefant gehabt!

Das Buschmanndorf ist schnell gefunden und die Buschleute zeigen uns mit Gebärden, wo der Campingplatz zu finden ist.

Die Frauen, die alle ans Auto kommen und gucken, scheinen sich über irgend etwas zu wundern. Ich habe das Gefühl, daß es dabei um Heikes durchaus sichtbaren dicken Bauch und die Tatsache, daß wir alle drei für Buschmann-Verhältnisse ziemlich vollbrüstig sind, offensichtlich aber keine Kinder dabei haben, geht. Aber so ganz klar wird nicht, was sie wollen.

Wir fahren auf den sehr schön gelegenen Campingplatz. Unter niedrigen Bäumen ist ein Platz von jeglichem Gestrüpp befreit. Kein einziger Dornen liegt herum! Feuerholz liegt auch bereit – alles perfekt also!

Wir sind nicht sicher, ob es in der Nacht vielleicht doch noch mal Regen geben könnte, also baue ich das Zelt auf, in das wir alle flüchten können, sollte es zu Regnen beginnen. Bis dahin schlafen wir auf den Stretchern.
 
 
 .  Zum Abendessen gibt es Nudeln mit tomatiger Gemüsesuppe und zum Nachtisch Dosenpfirsiche.
Heike geht sofort nach dem Essen schlafen, Ansgar und Diethild kurze Zeit später. Ich bleibe noch eine Weile am Feuer sitzen und schreibe.

 

Dienstag, 12. November 2002
Ich habe herrlich geschlafen – kein Wunder nach der zu kurzen Nacht gestern. Geregnet hat es auch nicht. Nach dem Aufstehen um 6:00 Uhr packe ich das Zelt also gleich wieder ein. Wie liegen insgesamt gut in Heikes Zeitplan und brauchen uns heute nicht zu hetzen.

Dann kommen plötzlich drei ältere Buschmänner durchs Gestrüpp zu uns. Zuerst wissen wir nicht so genau, was sie wollen – erst zögerlich ziehen sie einige aus beschnitztem Holz und Straußeneierschalenperlen gefertigte Armbänder, sie uns offensichtlich zum Kauf angeboten werden, aus den Taschen ihrer Jacken.
 
Wir bekommen...
... morgendlichen Besuch...
... von den Buschleuten...
... aus dem Dorf...
... O'baha!

Einer der Männer trägt ein langes Sakko im Mozart-Stil, das früher sicher mal extrem schick und teuer war und so aussieht, als ob es Bob gefallen würde! J Ein anderer Mann trägt einen breiten goldenen Ehering – auch das etwas, was ich bei einem Buschmann noch nie gesehen habe. Ich bezweifele auch, dass ihm die Bedeutung des Ringes bekannt ist.

Wir gucken uns die Armbänder an. Sie sind sehr schön und sorgfältig gearbeitet, aber einfach nicht mein Geschmack. Diethild kauft zwei Armbänder.

Dann kommen noch viel mehr Buschmänner und Buschfrauen angelaufen. Scheinbar sind das jetzt die alten und jungen Frauen und alle kleinen und mittelgroßen Kinder des Dorfes. Nur die jungen Männer und ältere Jungs fehlen noch.

Wie überall sind auch hier die Buschleute extrem freundliche und unglaublich schöne Menschen. Sie sind gut gekleidet, wirken zwar einfach, aber keineswegs ärmlich. Die meisten Frauen tragen Röcke oder Kleider, darüber Tücher, in denen Kinder oder Lasten getragen werden. Alle etwas älteren Mädchen und Frauen tragen Kopftücher – vermutlich ein Zeichen des Erwachsenseins. Alle Frauen haben viele bunte Perlenketten um Hals und Handgelenke, zwei der Frauen haben ihre Gesichter rot angemalt – ich würde gerne wissen, was das zu bedeuten hat...

Jetzt werden noch mehr Armbänder und Ketten hervorgezogen, nun auch Glasperlenketten, die ich ja viel schöner finde. Nun lasse ich mich gerne zum Kauf zweier Ketten überreden. Nur ein Armband will ich nicht haben. Ich mache mal einen Test und versuche, den Buschfrauen mit Hilfe von Zeichensprache klarzumachen, dass ich kein Armband kaufen will, weil Armbänder bei mir immer kaputt gehen. Es funktioniert tatsächlich! Und seit Heike gesagt hat, dass Buschleute generell sehr humorvolle Menschen sind, die sich freuen, wenn man mit ihnen Witze macht, freue ich mich, als sich die Buschleute über meine Gesten amüsieren!

Eine der beiden alten Frauen packt ihre Pfeife aus, die aus dem abgeschnittenen Ende eines spitzen Oryx-Gehörns gebaut ist. Die Pfeife wandert zwischen den Frauen umher, jede nimmt ein paar kräftige Züge.

Ansgar schenkt einer der Frauen daraufhin eine seiner dünnen Zigarren.

Einer der beiden alten Männer versucht, uns etwas klar zu machen, das wir lange nicht begreifen. Schließlich wird klar, dass er Rückenschmerzen hat. Diethild hat eine Arnikasalbe dabei und da das auf keinen Fall schaden – vielleicht sogar nützen kann, schenkt sie ihm die angefangene Tube. Als ich ihm mit Gesten sage, dass er die Salbe auf keinen Fall essen soll, ist das Gelächter groß.

Die Buschleute haben auch kein Problem damit, dass wir sie fotografieren.

Dann machen sich langsam alle auf den Rückweg in ihr Dorf. Plötzlich aber bleiben alle Frauen, laut miteinander diskutierend, stehen und zeigen immer wieder auf Heike, Diethild und mich. Ganz offensichtlich scheint es immer noch oder schon wieder um die Fragen Schwangerschaft und Babys zu gehen!

Warum haben wir alle drei so große Brüste, wenn wir doch keine Kinder dabei haben? Warum sieht Heikes Bauch zwar schwanger, aber trotzdem anders als ihre eigenen schwangeren Bäuche aus? Und was verbirgt sich unter Diethilds weiter Jacke? Laut miteinander diskutieren kommen sie zurück und versuchen uns Fragen zu stellen, die natürlich keine von uns versteht. Ich glaube aber, es gelingt uns, ihnen mit Hilfe von Gesten klar zu machen, dass Heike die einzige von uns ist, die schwanger ist. Die Frage zu beantworten, warum auch Diethilds und meine Brüste schwanger aussehen, unsere Bäuche aber nicht, würde allerdings zu kompliziert werden...

Befriedigt ziehen die Frauen – und es war wirklich kein einziger Mann noch einmal mit zurück gekommen – jetzt von dannen.

Wir bereiten langsam die Abfahrt vor und fahren los in Richtung Aha-Hills.

Am Dorf halten wir noch mal an der Pumpe und nehmen eine Wasserprobe. Nach einer Weile kommen noch einmal alle Frauen angelaufen und reden auf uns ein. Was sie jetzt noch wollen ist aber par tout nicht zu begreifen. Also fahren wir weiter.

An den Aha-Hills will Heike einige Kluftmessungen durchführen, aber just in dem Moment, als wir uns fertig gemacht haben (lange Hose und Stiefel anziehen, denn hier könnte es jede Menge Schlangen geben), fängt es ziemlich an zu regnen. Also bleiben wir lieber noch eine Runde im Auto sitzen und lesen und / oder schreiben.

Dauerregen in der Wüste – na toll!

Ziemlich lange sitzen wir im Auto, lesen und schreiben, dösen und klönen. Es hat zwar schon wieder aufgehört zu regnen, aber so richtig Lust, rauszugehen hat keiner. Gemütlich im Auto sitzend sehen wir einen kleinen Steinbock und fünf junge Kudus, die ganz in der Nähe vorbei ziehen. Dann wagen wir uns doch noch nach draußen.
 
Dauerregen in der Kalahari - na toll!
Diethilds Schuhen geht es nicht sehr gut.
Bei mir sind nur die Füße noch schmutziger geworden...
Kluft-Messungen an den Aha-Hills.

Heike will Klüfte ausmessen. Dazu gehen wir ein Stück weit den Kremetartekopp – den größeren der beiden Aha-Berge – hinauf. Heike guckt sich einen Felsbrocken aus, mißt dessen Größe (z. B. 120 x 80 x 90 cm) und zählt wie viele Spalten und Risse ( = Klüfte) er hat, und wie breit die Spalten jeweils sind (z. B. 1 Spalte von 5 cm Breite, 1 Spalte von 0,8 cm Breite und 2 Spalten von je 3 cm Breite). Das tut sie jeweils in der horizontalen und der vertikalen Richtung.

Diethild und ich bekommen einen anderen Job: Wir sollen einzelne Felsstücke und Felsbrocken ausmessen. In einem bestimmten Umkreis am besten jeden – egal, wie groß oder klein. Wir nehmen uns ein ca. 120 x 120 cm großes Areal vor und messen dort ca. 150 Steine aus. Da viele Steine nur ca. Faustgroß sind, geht das relativ schnell – wer fertig vermessen ist, fliegt über die Schulter den Abhang hinunter.
Nach ca 1 ½ Stunden sind wir alle fertig. Wir klettern wieder herunter und machen Mittagspause. Danach wollen Ansgar und Diethild noch mal schnell auf die Spitze des Berges klettern. Heike und ich bleiben im Auto und lesen und schreiben.

Gegen 16:00 Uhr sind die beiden zurück und wir wollen dann auch bald los, denn wir wollen noch bis ca. 11 km vor Tsumkwe kommen, wo bei einem Buschmanndorf ein weiterer Campingplatz ist. Es scheint eine weitere gut Idee des Nyae Nyae Conservancies zu sein, dass die meisten Buschmanndörfer Camp Sites einrichten, die auch unterhalten und pflegen und dann selbstverständlich auch von den Einnahmen profitieren. Bei Preisen von ca. N$ 15,00 (€ 1,50) pro Person sind das klasse Deals. Und die Plätze, die wir bisher kennen gelernt haben (Omatako, Dube Pan und !O’baha) waren allesamt total schön, gepflegt und sauber – wenn auch nicht immer an eine Wasserleitung angeschlossen!

Die Fahrt Richtung Tsumkwe ist relativ ereignislos.

Auf der Pad sehen wir noch viele Pillendrehkäfer, von denen einer sich ganz gewaltig übernommen hat und eine mehr als Tennisball-große Kugel inklusive totem Kollegen vor sich herschiebt!

Auf der Schotterstraße von Gam nach Norden stehen Pfützen – hier muß es noch mehr geregnet haben als an den Aha-Hills. Wir sehen jede Menge Elefantendreck und viele umgeknickte Bäume (ein weiteres sicheres Zeichen, dass Elefanten in der Nähe sind), aber keine Elefanten.

Der Himmel ist immer noch komplett von schweren bleigrauen Wolken verhangen. Durch dieses Licht betrachtet wirkt das Buschland der Kalahari fast wie eine Landschaft an der Nordsee!

Das Buschmanndorf !Ao¹a (gesprochen: tiefer Klacklaut A O heller Klacklaut A) liegt nördlich der Hauptstraße von Tsumkwe Richtung Botswanische Grenze und ist leicht zu finden. Wir halten im Dorf und fragen, wo der Campingplatz zu finden ist. Einer der jungen Buschleute, der lustigerweise Kniestrümpfe trägt (hochgezogen!) und – ähnlich wie Christian im Omatako Rest Camp ein ziemlich Hänfling ist, spricht ein wenig Englisch. (Ob immer die schwächsten Jungen aus einem Dorf in die Schule geschickt werden?)

Wir haben das Gefühl, dass der Campingplatz nicht wirklich oft genutzt wird – möglicherweise sind wir sogar die ersten Gäste, die jemals dort übernachten. Aber immerhin gibt es den Platz und wir werden dort auch übernachten können.

Das Bezahlen klappt auch. Allerdings haben wir die für uns vier geforderten N$ 60,- (€ 6,-) nicht passend und müssen die bis N$ 100,- fehlenden N$ 40,- in Perlenketten anlegen – was aber auch nicht wirklich schlimm ist!

Zwei der Buschleute steigen zu uns ins Auto und zeigen uns mit einigen Schwierigkeiten, denn der etwas Englisch sprechende Buschmann kennt nur das Wort für „rechts“, nicht aber die Worte für „links“ oder „geradeaus“, den Weg zu dem ziemlich weit entfernt liegenden Campingplatz unter einem großen Baobabbaum. Ich lasse mir von ihnen die Aussprache des Ortes vormachen und versuche es nachzumachen. Das klappt natürlich nicht so wirklich gut und die beiden Buschmänner haben ihren Spaß an mir! Sie scheinen ein etwas schlechtes Gewissen zu haben, dass nicht viel brauchbares Feuerholz bereit liegt und versuchen, es wieder gut zu machen, in dem sie für uns das Feuer anmachen.

Dann gehen die beiden zurück in ihr Dorf.

Wir bauen wieder das Zelt auf, denn auch heute Nacht sieht es nach Regen aus.

Tatsächlich fallen, als wir uns gerade zum Abendessen auf unsere Klappstühle setzen, ein paar dicke Tropfen, die uns unter den Baobab treiben, aber es fängt nicht wirklich an zu regnen.

Zum Essen gibt es einen leckeren Reis-Linsen-Eintropf, Krautsalat und zur Feier des Tages ein Tetrapack Rotwein, um das sich vornehmlich Diethild und ich kümmern. Die Wirkung bleibt nicht aus – wir werden beide ziemlich redselig und sitzen noch lange, nachdem Heike und Ansgar schon schlafen gegangen sind, unter dem Baobabbaum und reden...
 
 

Mittwoch, 13. November 2002
Gegen 6:00 Uhr wachen und stehen wir auf. Es hat die Nacht über nicht geregnet, wohl aber kräftig getaut, so dass alles feucht und klamm ist. Der Himmel ist immer noch nicht wieder wolkenlos, aber das große Regengebiet scheint durchgezogen zu sein.

Wir bereiten das Frühstück vor. Auf dem Weg „hinter einen blickdichten Busch“ komme ich auf einen Platz, wo bis vor nicht all zu langer Zeit ein Buschmanndorf gestanden haben muß. Vielleicht sogar das Dorf !Ao¹a, das jetzt vorne an der Straße liegt, denn bei den Buschleuten ist es nicht ungewöhnlich, dass mal ein ganzes Dorf umzieht. Immerhin waren die Buschleute bis vor nicht all zu langer Zeit noch Nomaden, die dem Regen hinterher zogen und überhaupt keine festen Dörfer hatten, und auch heute noch ist es nicht ungewöhnlich, dass ein ganzes Buschmanndorf umzieht.

Das alte Dorf sieht irgendwie gespenstisch aus. Die Hütten scheinen abgebrannt (worden?) zu sein und ich frag mich, warum?! Und warum ist das Dorf überhaupt aufgegeben worden?

Während wir noch beim Frühstück sitzen, bekommen wir wieder Buschmann-Besuch. Die beiden, die uns gestern den Weg zum Campingplatz gezeigt hatten, sind wiedergekommen und dazu noch zwei weitere Buschmänner.

Sie haben einen Speer mitgebracht, den sie Ansgar für N$ 10,- verkaufen wollen, aber selbst wenn wir wollen, haben wir kein Kleingeld mehr. Sie machen uns klar, dass sie den Speer alternativ auch gegen Tee und Zucker tauschen würden. So kommen wir ins Geschäft!

Ansgar füllt unsere restlichen 60 Liter Benzin, die uns bis nach Rundu bringen sollen, in den Tank. Dann packen wir ein.

Die Buschleute fragen uns, ob wie zwei von ihnen bis nach Tsumkwe mitnehmen können – vermutlich wollen sie einen Teil des gestern verdienten Geldes gleich anlegen. Wir nehmen sie gerne mit. Die beiden steigen zu Diethild und mir auf die Rückbank, während ihre beiden Freunde / Verwandte hinten auf die Stoßstange klettern um sich bis zum Dorf mitnehmen zu lassen.

Allen Buschmännern, die bis jetzt bei uns im Auto saßen, sind übrigens die fetten Radioboxen in den hinteren Türen unseres Datsun Safaris aufgefallen. Schwer enttäuscht sind sie dann immer, wenn wir ihnen zeigen, dass leider das zu den Boxen passende Radio fehlt!

Wir fahren nach Tsumkwe und dort direkt zum Ministry of Environment & Tourism, wo Heike einiges zu erledigen hat. Sie läßt einige Flaschen dort, in denen Regenwasser gesammelt werden soll. Außerdem hätte sie gerne Regenproben aus dem Gebiet des Kaudum Nationalparks. Das Problem ist, dass man aus Sicherheitsgründen nur mit mindestens zwei Autos in den Park darf, Heike sich aber keinesfalls einen zweiten Wagen, der einfach nur als Schutz mitkommt, leisten kann. Da aber auch das Ministry Interesse an den Analysen hätte, verabreden der „Minister“ und Heike, nächstes Jahr gemeinsam nach Kaudum zu fahren. – Dann wohl zwangsläufig mit Baby!

Das „MET“ interessiert auch die Frage, warum es im Nyae Nyae Conservancy Wasserstellen gibt, die von Elefanten bevorzugt- und andere, die von ihnen geschmäht werden. Vielleicht könnte Heike auch darüber etwas herausfinden, wenn sie im nächsten September wieder in diese Gegend kommt? Dazu würde Herr Dries dann nächstes Jahr zusammen mit Heike auch im Nyae Nyae noch eine Tour machen.

Ansgar erfährt in der Zwischenzeit viel Interessantes über die Elefanten im Nyae Nyae: Es gibt zur Zeit über 900 (!) Elefanten, mit einer jährlichen Zuwachsrate von 20 %. Das ist für das nur ca. 40 x 40 km große Nyae Nyae Conservancy eigentlich viel zu viel.

Im Kaudum Nationalpark gibt es weitere ca. 3.000 Elefanten und da in Botswana seit zwei Jahren Dürre herrscht, kommen von dort noch mehr Elefanten über die Grenze. (Wie die allerdings durch den Grenzzaun kommen, bleibt ein Rätsel. Vermutlich trampeln sie die Grenzanlagen einfach nieder!)
Diese Menge an Elefanten ist auch der Grund, warum es im Nyae Nyae zur Zeit nur sehr wenig andere Tiere gibt. Elefanten teilen ihre Wasserstellen nicht gerne, sondern verscheuchen alle Tiere, die versuchen die Wasserstelle mit ihnen zu teilen. Wegen der Überpopulation kann man für das Nyae Nyae Conservancy sogar eine Jagdlizenz für einen Elefanten erwerben. Die Lizenz kostet US $ 35.000,-, wobei es gut möglich ist (das erfragt Ansgar leider nicht) daß diese Summe in jedem Fall – auch wenn man keinen Elefanten erlegt – entrichtet werden muß.

Die Jagd selbst muß auf jeden Fall zu Fuß erfolgen und der Elefant, der dann erlegt werden darf, wird nicht vom Jäger, sondern von offizieller Seite her bestimmt. Das Fleisch des erjagten Elefanten wird an die Buschleute verteilt, die auch heute noch Elefantenfleisch auf ihrem Speisenplan stehen haben, und das eingenommene Geld bleibt auch komplett in der Gegend und wird für den Erhalt und die Wartung des Conservancys eingesetzt.

Je mehr ich über das Nyae Nyae Conservancy und das ganze Konzept, das dahinter steckt, erfahre, desto begeisterter bin ich. Aus meiner Sicht scheint das eine komplett runde, Sinn machende und funktionierende Sache zu sein, bei der es endlich mal gelungen ist, Tiere, Natur und Menschen in Einklang zu bringen! Zumindest habe ich bis jetzt noch nichts Gegenteiliges gehört!

Übrigens werden in Namibia jedes Jahr sogar zehn Löwen zur Jagd freigegeben – scheinbar gibt es auch mehr Löwen, als das Land unbedingt braucht!

In Tsumkwe halten wir noch kurz bei „Savanna II“, dem berühmten Supermarkt. Der Reverend des Ortes, der in seiner Garage einen Laden eingerichtet hat, in dem Buschmann Craft & Art aus der Umgebung verkauft wird, ist leider nicht da, so dass unser Shopping Trip ins Wasser fällt, aber wir haben ja in den verschiedenen Dörfern schon eine Menge erstanden.

Letzter Stop in Tsumkwe ist das Conservancy Office. Dort soll man sich eigentlich bei der Ankunft im Nyae Nyae melden, aber da wir am Samstag angekommen waren, hatte das Office geschlossen. Jetzt ist geöffnet. Ein häkelbehüteter Buschmann surft gerade durchs Internet(!). Seit in Tsumkwe letztes Jahr Telefonleitungen gelegt worden sind, ist das moderne Zeitalter auch hier nicht mehr aufzuhalten.

Allerdings macht es sich erfreulicherweise erst an sehr wenigen Stellen bemerkbar.

Für N$ 5,- kaufen wir jede eine kleine Broschüre über das Nyae Nyae Conservancy. Außerdem werden uns pro Person noch N$ 25,- „Park-Eintritt“ abgeknöpft – für vier Tage im Conservancy sind € 10,- für vier Personen nun wirklich nicht zu viel verlangt: ca. € -,70 pro Person und Tag!

Next stop just outside Tsumkwe ist die Cattle Breeding Station, für die Diethild sich interessiert. Sie schreibt gerade ihre Doktorarbeit über „Hinterwälder“-Rinder, eine traditionelle Rinderrasse, die im Südschwarzwald jetzt wieder gezielt gezüchtet wird. Schon während der ganzen Reise haben wir immer wieder angehalten, damit Diethild die hiesigen Rinder fotografieren konnte.

Schnell finden wir den Manager der Breeding Station, einen dicken Ovambo*** mit fettem Goldring, beeindruckendem Händedruck und unglaublichem Macho-Gehabe, der uns unmißverständlich klar macht, dass er hier Boss „with many tasks“ ist.

Zuerst ist er Diethild gegenüber sehr mißtrauisch, allerdings macht Diethild auch den Fehler, gleich zu Beginn der Unterhaltung zu fragen, wie viele Rinder zu seiner Farm gehören. Das ist in Namibia ungefähr so, als würde man in Deutschland einen wildfremden nach seinem Kontostand fragen.

Der dicke Ovambo-Macho merkt dann aber schon, dass Diethild ihn nicht ausspionieren will, sondern nur einfach nicht besonders geschickt im Fragenstellen ist, und gibt schließlich recht bereitwillig Antwort. Vermutlich kommt er sich dabei sogar noch extrem toll vor...

So erzählt er, dass es westlich von Tsumkwe nur ca. 1.000 Rinder gibt, östlich von Tsumkwe sogar nur ca. 500. Man ist dabei, den Buschleuten vorsichtig die Tierhaltung beizubringen. Ein Mal im Jahr findet in Tsumkwe eine Viehauktion statt, bei der die Buschleute ein Vorkaufsrecht auf jedes angebotene Rind haben. Trotzdem ist es nicht einfach, die Buschleute von den Vorteilen der Viehhaltung zu überzeugen.
Nach einer halben Stunde fahren wir weiter Richtung Westen. Im Laufe der Fahrt bewölkt es sich wieder immer mehr. Das war’s dann wohl erst mal mit der Sonne...

Mitten auf der Straße schrecken Heike und Ansgar, die vorne sitzen, plötzlich auf: Am Straßenrand neben dem Auto bäumt sich eine Schlange auf. Vermutlich eine Mamba oder eine Kobra, genau kann man das beim schnellen Vorbeifahren nicht sagen – auf jeden Fall aber eine hochgiftige Schlange. Ich sehe sie leider nicht.

In der Nähe des Omatako Rest Camps biegen wir noch einmal nach Norden ab. Hier ist ein Foresty Institute, bei dem Heike sich auch noch eine Wasserprobe geben läßt.

Bei einer kurzen Mittagspause scheuchen wir vier wilde Pferde auf, die in rasendem Galopp über die Straße rennen – ein wunderschönes Bild!

Weiter nach Westen geht die Reise, bis an die Grenze des Buschmannlandes, durch den Veterinärkontrollzaun, wo der diensthabende Beamte überlegt, bzw. wissen will, ob wir in Heikes Totalisatoren vielleicht Elefantenstoßzähne versteckt haben.

Im Farmland angekommen biegen wir dann gleich auf die D 2898 Richtung Norden ab.
 
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Wir sind noch nicht lange auf dieser relativ schmalen, durch Farmen führenden und immer wieder von den allerdings meist offen stehenden Farmtoren unterbrochenen Straße unterwegs, als ich ziemlich direkt vor uns fünf Giraffen entdecke! Damit hätte ich hier im Farmland nun wirklich nicht mehr gerechnet! Uns ist allen nicht ganz klar, ob die Giraffen möglicherweise auf die Farm, auf der wir uns gerade befinden gehören. Vermutlich allerdings eher nicht, denn wir sind durch keinen der hohen Wildzäune, die die Giraffen auf der Farm „fest“halten würden, gefahren. Vermutlich sind sie also wild. Egal – sie sind wunderschön und wir halten an und machen Fotos. Schöne Tiere sind das! Als sie langsam im Busch verschwinden, fahren wir weiter.

Wir sind noch nicht lange auf dieser relativ schmalen, durch Farmen führenden und immer wieder von den allerdings meist offen stehenden Farmtoren unterbrochenen Straße unterwegs, als ich ziemlich direkt vor uns fünf Giraffen entdecke! Damit hätte ich hier im Farmland nun wirklich nicht mehr gerechnet! Uns ist allen nicht ganz klar, ob die Giraffen möglicherweise auf die Farm, auf der wir uns gerade befinden gehören. Vermutlich allerdings eher nicht, denn wir sind durch keinen der hohen Wildzäune, die die Giraffen auf der Farm „fest“halten würden, gefahren. Vermutlich sind sie also wild. Egal – sie sind wunderschön und wir halten an und machen Fotos. Schöne Tiere sind das! Als sie langsam im Busch verschwinden, fahren wir weiter.

Noch eine Weile fahren wir auf dem Farmweg, dann kommen wir auf die Teerstraße, die von Grootfontein nach Rundu führt und fahren auf ihr Richtung Norden.

Es dauert nicht lange, bis wir auch in dieser Richtung die Grenze des Farmlandes erreichen.
Auch hier grenzt ein Veterinärkontrollzaun das Maul- & Klauenseuche-freie Farmland von dem umliegenden „Comunal Land“ – in diesem Fall dem Kavango-Land – ab.

Im Gegensatz zu der Grenze zum Buschmannland hat diese Grenze allerdings auch eine polizeiliche Bedeutung. Hier werden sehr gründlich Autonummer und Versicherungsnummer notiert und Ansgar muß den Führerschein vorzeigen. In Windhoek gestohlene Autos sollen hier noch vor der Grenze nach Angola gestoppt werden.

Das Kavangoland ist ein krasser Gegensatz zum Buschmannland. Das Land ist entschieden dichter besiedelt: Fast an der gesamten Strecke nach Rundu reiht sich ein Dorf oder Gehöft an das nächste.
Jeweils ca. 6 – 12 primitive Strohhütten sind von einem meist ebenfalls aus Stroh gefertigten Zaun umgeben. Vermutlich wohnt jeweils eine Großfamilie in so einem sogenannten Homestead. Die Kavango sind ein sehr fruchtbares Volk, so dass da schnell eine recht zahlreiche Familie zusammen kommt.

Die meisten diese Homesteads sehen sehr einfach, aber sauber aus. Auch die Menschen, die wir sehen, sehen einfach aber sauber gekleidet aus – zumindest soweit man das vom Auto aus sehen kann. Sie sind größer und wesentlich dunkelhäutiger als die Buschmänner. Die Buschmänner sind ja nicht wirklich schwarz, sondern eher ockerfarben, haben ganz feine Gesichtszüge, sind in der Regel extrem schlank und selten größer als 1,50 m.

Die Kavango hingegen sind große, kräftige und fast schwarze Menschen.

Die Wasserversorgung in dieser Gegend scheint etwas mühsam zu sein – nur alle paar Kilometer gibt es eine Pumpe und das Wasser muß in Kanistern auf dem Kopf oft recht weit transportiert werden.

Viele Homesteads bieten an der Straße Dinge zum Verkauf an. Alle paar Kilometer wechseln das Angebot: Zuerst wird Feuerholz angeboten (was ich relativ sonderbar finde!), dann irdene Krüge und Kalebassen, als nächstes Apfelsinen (bei denen wir uns nicht sicher sind, ob sie hier lokal wachsen oder aus Südafrika importiert sind), schließlich Holzschnitzereien. Diese sind am faszinierendsten, denn teilweise werden gruselig aussehende, fast mannshohe Gestalten oder 1 m große Flußpferde angeboten. Auf der Rückfahrt wird sicher Zeit sein, einige der Stände genauer unter die Lupe zu nehmen. Jetzt wird es schon langsam spät und wir haben noch ein Stück Strecke vor uns. (Allerdings werden wir durch die kurzfristig geänderte Reiseroute dann doch nicht noch einmal hier vorbei kommen – aber das ahnen wir jetzt ja noch nicht!)

Das Land hier ist viel grüner und sieht fruchtbarer aus, als das Buschmannland – wilde Tiere sehen wir keine, nur jede Menge Kühe und Ziegen und einige Esel, Hühner und Hunde.

So gegen 18:00 Uhr kommen wir in Rundu an. Im ersten Eindruck wirkt die Stadt auf mich fast karibisch: Alles ist so bunt! Die Häuser sind bunt angestrichen, auf vielen prangen große bunte Schriftzüge, es gibt Bars und Nightclubs (jedenfalls steht an den Wellblechschuppen dran, dass es sich um Bars oder Nightclubs handelt), das Leben scheint auf der Straße vor den Häusern statt zu finden und irgendwie bilde ich mir fast ein, Musik zu hören...
 
In der "Innenstadt" von Rundu
ein "Vorort" von Rundu... 
... und - wirklich wahr - ein Night-Club!

Heike hat für uns ein kleines Motel, das auch eine Camping-Möglichkeit anbietet, ausgeguckt, das wir schnell finden.
 
 .  Auch hier kostet die Übernachtung pro Person nur N$ 30,- (€ 3,-). Die Ngandu Safari Lodge liegt direkt an dem auf dieser Seite recht hohen Ufer des Okavangos und während ich hier sitze und dies schreibe, gucke ich über den Okavango hinweg auf die ersten Häuser von Angola. Das finde ich total faszinierend!!!

Heute werden wir das erste Mal in unseren Zelten übernachten, denn hier am Fluß könnte es schon einige Moskitos geben. Außerdem sind außer uns sind noch andere Gäste auf dem Campingplatz und ohne Sichtschutz auf den Stretchern zu schlafen, wäre schon etwas sonderbar.

Zum Abendessen gibt es Nudeln mit Thunfisch, Mais, Dosentomaten und Zwiebeln – wahlweise warm oder kalt zu essen.

In Rundu gibt es ein Funknetz und da Heike ein Handy mit Namibischer Karte dabei hat, schicke ich ein SMS nach Hamburg und bekommt prompt einen Anruf von Alexander! Die Welt ist schon klein!

Bald nach dem Essen gehen wir dann auch schon wieder schlafen.

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