Freitag, 8. November 2002
Ich habe nicht von blutsaugenden Fledermäusen träumen müssen!
Kurz nach 6:00 Uhr stehen wir alle auf und beeilen uns, startklar zu werden. Ich packe die Stretcher zusammen und schnalle sie auf dem Dachgepäckträger fest – allmählich habe ich auch das Prinzip der Verzurrgurte verstanden und bekomme darin Übung.

Ohne gefrühstückt zu haben fahren wir los, denn wir wollen ja so schnell wir möglich mit dem heute auszuhebenden Profil beginnen. Bereits um ca. 7:30 Uhr hat die Sonne eine solche Kraft, dass es kaum möglich ist, weiter zu arbeiten.

Nur wenige Kilometer fahren wir auf der sandigen, nur mit All-Rad zu befahrenden Pad nur wenige Kilometer, bevor Heike meint, dass die optimale Profil-Grabe-Stelle gefunden ist. Also halten wir an und Ansgar, Diethild und ich machen uns an die Arbeit. Der Boden ist komplett sandig. Trotzdem wird das Graben schon nach ca. 30 cm sehr mühsam, weil der tiefer liegende Sand durch den Druck der oberen Schichten so stark zusammengepreßt und verkarstet (?) ist, dass er sich ohne eine Spitzhacke kaum lösen läßt. Leider haben wir keine Spitzhacke und so geht die schweißtreibende und Blasen an den Händen bildende Arbeit nur Zentimeterweise voran.

Heike bereitet in der Zwischenzeit das Frühstück, das wir nacheinander in den jeweiligen Schaufelpausen – wir haben nur zwei Schaufeln und mehr als zwei Personen passen auch eh nicht in das ca. 80 x 120 cm große Loch – einnehmen.

Wir graben mehrere Stunden lang, bis das Loch an der tiefsten Stelle ca. 1,60 m tief ist.

Damit ist Heike zufrieden und kann ihre Proben entnehmen. Dazu klettert sie in das Loch hinein und sticht mit Hilfe eines Stechzylinders an der tiefsten Stelle Erde heraus, die sie in eine Tüte füllt. Idealerweise nimmt sie dann an zwei oder drei etwas weiter oben gelegenen Punkte gleichgroße Proben.
Gegen 11:00 Uhr fahren wir weiter. Allerdings nicht, bevor ich nicht, auf einem hohen Ast liegend, ein richtig schönes Doofmannfoto von mir habe machen lassen: Corinna, der Gepard!
 
Heike nimmt ihre Bodenproben im Profil in der Nähe von Simagaigai...
Ich liebe den Platz auf dem Dachgepäckträger!
Noch schöner ist allerdinge dieser Platz hier!
"Geparden-Pause" in der Nähe von Simagaigai!

Wir fahren bis nach Simagaigai. Im Ort erkundigen wir uns kurz nach dem richtigen Weg. Als wir vor zwei Jahren hier waren, waren wir auf der Suche nach einer Wasserpumpe eine Pad entlang geschickt worden, die uns in eine fast bewaldete Gegend geführt hatte. Eine Pumpe hatten wir dort damals allerdings nicht finden können. Zu diesen Bäumen will Heike heute wieder fahren.

Simagaigai ist vermutlich einer der abgeschiedensten und schwer erreichbarsten Orte auf dieser Welt. Sicher gibt es in Kanada oder Rußland Orte, die kilometermäßig weiter voneinander entfernt liegen, aber nach Simagaigai führen ausschließlich ein extrem sandiger Pad, auf denen man ohne All-Rad keine Chance hat. Trotzdem führt diese Pad, von N!homa aus kommend und an Simagaigai vorbei führend, angeblich bis nach Rundu, das ganz im Norden Namibias, fast schon an der Grenze zu Angola liegt und damit sicher 150 km von hier entfern ist! Ich möchte nicht wissen, wie viele Tage man für diese Strecke brauchen würde... Schneller als 20 km/h kann man hier nur ganz selten fahren!

Obwohl Simagaigai schon in dem im Norden an das Buschmannland angrenzende Kavangoland liegt, wird der Ort hauptsächlich von Buschleuten bewohnt.

Der Wald mit den hohen Bäumen ist schnell gefunden. Wir halten unter einem der größten, viel Schatten spendenden Bäume. Uns allen (bis auf Diethild, die vor zwei Jahren nicht mit hier war) kommt es so vor, als wäre das genau der Baum, unter dem wir auch vor zwei Jahren schon eine Mittagspause gemacht haben...
 
Das bleibt beim Profil-Graben nicht aus:
Richtig schön schmutzige Füße!
Und auch das:
Erst mal Pause machen - Heike & Ansgar
und Diethild

Auch heute gibt es erst mal eine kleine Mittagsstärkung (Tatex- oder / und Käsebrot, Apfel, Kekse), bevor sich alle zur Siesta unter den Baum legen. Ich schreibe in der Zwischenzeit.

Das Wetter und die Temperatur sind übrigens sehr angenehm. Ich glaube nicht, dass es im Schatten viel mehr als 30° C sind. Einige Wolken ziehen über den Himmel (vormittags mehr, nachmittags weniger), so dass Schatten immer wieder von alleine kommt.

Bienenprobleme, wie vor zwei Jahren, haben wir dieses Jahr auch nicht – lediglich ein paar Fliegen schwirren meist um uns rum und nerven ein wenig, tun aber nix.

Tiere haben wir seit Verlassen des Farmlandes im Prinzip keine mehr gesehen – erst recht nicht die Elefanten, vor denen Christian uns doch so eindringlich gewarnt hatte – aber auch keine anderen Tiere, nicht mal Springböcke oder sonstige kleine Antilopen; lediglich Kühe und ab und an mal einen schönen Vogel, entweder den rot-grauen Tukur mit dem auffälligen Schnabel oder einen uns fremden Vogel mit knallblauem Federkleid. Und überall begleitet uns das laute Zirpen der Zikaden.

Heike ist heute ungewöhnlich KO und muß eine ganze Weile dösend und schlafend unter dem Baum liegen, bevor sie wieder in Schwung kommt. Erst gegen 15:00 Uhr machen wir weiter.

Heute Nachmittag sollen Bäume gezählt und ausgemessen werden. Das hat den Sinn, dass Heike so ihre Satellitenbilder, die sie von dieser Gegend hat, überprüfen kann. Die Satellitenbilder sind ja keine Fotos im eigentlichen Sinne, sondern zeigen Farben, die unterschiedlich stark reflektierende Flächen wiederspiegeln. (Müßte jetzt ein Fachmann erklären...) Wenn sie jetzt (durch Auszählen und Vermessen) weiß, wie viele Bäume in einem bestimmten Gebiet stehen, wie groß die sind und wie licht(un)durchlässig ihre Kronen sind, hat sie einen Vergleichswert anhand dessen sie ihre anderen Satellitenbilder deuten kann. So ungefähr jedenfalls...

Im zweiten Schritt kann sie so vermutlich Rückschlüsse über die Transpiration (= Verdunstung von Feuchtigkeit über die Blätter von Pflanzen) in dieser Gegend ziehen.

Wir teilen uns auf: Diethild und Heike gehen mit Meßbändern in der Hand los und messen zehn 30 x 30 m große Quadrate aus und zählen die jeweils in den Quadraten stehenden Bäume. Die Satellitenbilder, die Heike zur Verfügung stehen, zeigen übrigens auch jeweils eine Fläche von 30 x 30 m.

Im Ergebnis kommen sie auf 12 – 36 Bäume pro Quadrat.

Ansgar und ich vermessen die Bäume selbst. Natürlich nicht alle Bäume in allen Quadraten! Wir nehmen uns eine Fläche von ca. 30 x 100 m vor, auf er insgesamt 54 Bäume stehen, die wir vermessen. Das tun wir mit Hilfe eines Metermaßes und eines sogenannten Inklinometers (Neigungsmesser). Man stellt sich in einige Entfernung zu dem auszumessenden Baum und mißt diese Strecke aus. Von hier aus peilt man die Spitze des Baumes an, in dem man durch das Inklinometer guckt. Dieses kleine Gerät hat im Inneren eine Skala, die einem den Peil-Winkel anzeigt. Wenn man in der Schule in Mathe aufgepaßt hat, kann man dann mit Hilfe des Kosinus-Satzes die Höhe des Baumes ausrechnen!

Außerdem haben Ansgar und ich den Auftrag mit Hilfe des Maßbandes die jeweiligen Kronendurchmesser und dazu die Blattdichte der Krone zu bestimmen. (Wieviel Prozent Himmel kann man noch sehen, wenn man von unten durch die Krone guckt?)

Auch wenn es nachmittäglich heiß ist, ist das eine nette Arbeit! Vor allem weil ich mit Ansgar irgendwie ganz besonders gut zusammen arbeiten kann. Auch wenn wir zwei wohl grundverschiedene Menschen sind, scheinen wir in manchen Punkten doch gleich  – oder aber so unterschiedlich zu ticken, dass wir uns perfekt ergänzen!

So gegen 17:00 Uhr sind beide Gruppen mit ihrer Arbeit fertig.

Heike möchte hier in der Gegen noch ein weiteres Bodenprofil ausgraben und es würde natürlich Sinn machen, wenn wir morgen früh gleich an Ort und Stelle sind und wieder anfangen können, so lange es noch kühl ist. Also fahren wir los, weiter Richtung Norden, auf der Pad, die ca. 150 km weiter in Rundu endet. (Frage ist nur, ob das überhaupt schon mal jemand überprüft hat?!)
 
 
 .  Nach weniger als 10 km, für die wir bei Tempo 15 km/h aber mehr als eine halbe Stunde brauchen, findet Heike eine Stelle, die ihr geeignet scheint.

Da es noch hell, aber schon einigermaßen kühl ist, wollen wir noch heute anfangen, das Profil auszuheben. Ich drücke mich allerdings ein wenig – ich habe jetzt schon zwei dicke fast-Blasen an den Daumen und klinke mich deswegen ein bißchen aus. Statt dessen baue ich die Stretcher und die Moskitonetze auf. Probeweise helfe ich dann noch mal ein bißchen, aber da Ansgar und Diethild nach ca. 75 cm fast humusartigem und leicht zu schaufelndem Boden schon wieder an eine extrem harte Schicht gestoßen sind, durch die man sich nur noch durch-hacken kann, habe ich keine wirkliche Lust mir meine Hände noch weiter kaputt zu machen.

Zum Glück gibt es eh bald Abendessen: Kartoffel-Gemüse-Suppe.
 
 .  Danach sitzen wir noch eine Weile am Feuer und reden. Aber schon gegen 21:00 Uhr werden wir alle müde und gehen langsam schlafen – allerdings nicht ohne auch heute wieder das Auto fertig und startklar gemacht zu haben. Sollte ein Elefant oder ein Buschfeuer vorbei kommen, sind wir so zumindest auf der sicheren Seite.

 

Samstag, 9. November 2002
Um 5:00 Uhr klingelt der Wecker.
Natürlich klingelt nicht wirklich ein Wecker, aber pünktlich mit Sonnenaufgang landet ein Vogel auf dem Baum neben uns und fängt an, fürchterlich Alarm zu schlagen. Das paßt gut, wir wollten heute ja eh früh aufstehen und das Profil zu Ende graben, bevor es zu heiß wird.

Also machen wir uns gleich an die Arbeit.

Nach wie vor ist der Boden steinhart (alles andere hätte uns allerdings auch überrascht!) und eine Spitzhacke wäre weiterhin unser sehnlichster Wunsch. Aber auch ohne Spitzhacke kommen wir irgendwie klar (muß ja!) – es dauert halt nur entsprechend länger und erfordert mehr Kraft.

Trotzdem schaffen wir es, das Profil an einer kleinen Stelle (das genügt) bis auf eine Tiefe von 1,60 m voran zu treiben, mit der Heike zufrieden ist. Heike gräbt übrigens nie mit, was allerdings im 6 ½. Schwangerschaftsmonat vielleicht auch nicht wirklich ratsam wäre... Wer nicht gräbt, frühstückt oder packt das Nachtlager zusammen.

Gegen 9:00 Uhr brechen wir auf, zurück Richtung Süden. Gegen 10:15 Uhr haben wir N!homa und damit die feste, geschotterte Straße erreicht. Unter einem ausladenden Kameldornbaum halten wir an und beratschlagen, was wir als nächstes machen wollen.

Der Plan ist schnell gemacht: Wir fahren auf der guten Straße von N!homa zur Hauptstraße und weiter Richtung Tsumkwe. Zunächst fahren wir allerdings an Tsumkwe vorbei, weiter in Richtung Osten, auf die Grenze nach Botswana zu. Einige Kilometer hinter Tsumkwe biegen wir nach rechts auf eine Pad ein und halten gleich darauf unter einem der mächtigen Baobab-Bäume (Affenbrotbaum), die es hier in der Gegend gibt. Hier machen wir erst mal eine gemütliche Mittagspause mit anschließender ausgiebiger Siesta, denn Heike ist schon wieder fix und alle. Sie legt sich ins Auto und schläft mehrere Stunden lang.
Ansgar, Diethild und ich sitzen oder liegen rum und dösen und klönen.

Erst gegen 16:00 Uhr kommt wieder Leben auf. Heike will in der Nähe von Tsumkwe noch ein weiteres Bodenprofil aufgraben lassen. Allerdings erinnert sie sich vom August, als sie mit Petra hier in der Gegend war, her noch an eine Stelle, an der – aus welchen Gründen auch immer – schon ca. 1 – 2 m tiefe Löcher im Boden sind, die man mit etwas Nachhelfen in ein wissenschaftlich gültiges Profil verwandeln kann. In sofern haben wir es diesmal ziemlich einfach, was auch gut ist, denn es ist brüllend heiß!
 
Endlose Weite in der Nähe von Tsumkwe
unser "geschummeltes" Profil

Anschließend fahren wir nach Tsumkwe. Im „Savanna II“ – einem der beiden Supermärkte Tsumkwes – ersteht Diethild Patex (!), mit dem sie hofft, ihre auseinanderfallenden Schuhe flicken zu können. Dann fahren wir weiter zur Tsumkwe Lodge, wo wir heute nacht campieren wollen. Nach mehreren Tagen Busch haben wir uns alle eine Dusche verdient!

An der Rezeption gibt es neben einem zu klein geratenen Dalmatiner ein zwei Monate altes Eland-Kalb, dessen Mutter bei der Geburt gestorben ist und das jetzt von den beiden Kindern der Lodge-Besitzer mit der Flasche großgezogen wird und dadurch auch überhaupt keine Scheu vor Menschen hat!

Wir packen aus und duschen alle nacheinander. Zum Abendessen gibt es Nudeln mit Champignon-Sahne-Soße und lecker Weißkohlsalat. Nach dem Essen sitzen wir noch ungewöhnlich lange (bis nach 22:00 Uhr!) zusammen und sprechen hauptsächlich über Gott und Glauben.
 

PS. Zwei Anekdoten zum Thema Zeit:
1. Haben ich heute festgestellt, da meine Armbanduhr offensichtlich seit einer Woche eine halbe Stunde nach geht. Und zwar nicht, weil die Batterie leer ist, sondern weil ich sie einfach falsch gestellt und es bis heute nur nicht gemerkt habe – so unwichtig ist die Zeit hier!

2. Hat uns Buschmann Christian einen Busch gezeigt, der übersetzt Bleib-hier-Busch heißt. An all seinen Zweigen hat er kräftige Wiederhaken. Ist ein Buschmann zu eilig unterwegs, wird er von dem Busch festgehalten und schmerzhaft – also mit Nachdruck! – zu Ruhe und Gelassenheit ermahnt!
 
Willkommen im wunderschönen Nyae Nyae Conservancy
Schöne Blumen...
... mitten in der Kalahari
Eine Verwandte der "Welwechia Mirabelis"?

Sonntag, 10. November 2002
 
 .  Ein ganz gemütlicher Morgen: Ansgar und Diethild wollen um 8:00 Uhr auf den Pferden der Tochter der Lodge-Besitzer einen Ausritt machen, daher haben wir heute morgen alle Zeit der Welt. Weil die Sonne in dieser Jahreszeit noch vor 6:00 Uhr über den Horizont rutscht, wacht man spätestens dann auch auf – meist reicht sogar schon die erste Dämmerung kurz nach 5:00 Uhr für ein erstes Aufwachen, aber man muß ja nicht jeden Tag so früh hoch.
Nachdem Diethild und Ansgar also weg sind, frühstücken Heike und ich gemütlich und ausgiebig. Es gibt Müsli, Rusks (Zwiebackbrötchen) mit Erdenußbutter, Marmelade oder Honig, Kaffee aus Kaffeebeuteln, jede Menge verschiedener Tees, Wasser mit oder ohne Calcium-, Magnesium- oder Vitamin-Tablette oder mit Wasser verdünnten Kaktusfeigensirup.

Danach reiten die beiden Wankes los – ca. zwei Stunden wollen sie unterwegs sein.

Heike und ich packen in der Zeit das Auto ein, befüllen alle Wasserkanister (zwei à 25 l und einer à 20 l) und Trinkflaschen (insgesamt noch mal ca. 12 l Fassungsvermögen) und holen zwei der fünf Benzinkanister vom Dach, denn unser 80 l Tank, den wir in Grootfontein voll gemacht hatten, ist jetzt fast leer. Die 40 l, die wir jetzt einfüllen werden, sollen für die 2 – 4 Tage, die wir hier in und um Tsumkwe im Nyae Nyae Conservancy verbringen wollen, reichen – die verbleibenden 60 l sind für die Fahrt nach Rundu gedacht.

 Heike hat alles schon verdammt präzise geplant!

Dann schneide ich Heike die Haare.

Übrigens ist es heute fast bewölkt und mich hat heute Nacht das erste Moskito gestochen, aber da ich erfahren habe, dass überhaupt nur jede ca. 10.000. Mücke Malaria-Überträger ist und das auch nur, wenn sie ersten schon jemanden gestochen hat, der Malaria hat, und das zweitens mehr als ca. 12 Tage her ist – denn so lange braucht der Erreger, um sich im Körper der Mücke ausreichend zu entwickeln, um wiederum übertragbar zu sein. Außerdem habe ich mich, trotz zahlreicher Bedenken für Prophylaxe entschieden – kein Grund zur Sorge also, nur ärgerlich, weil der Stich juckt!

Ich bin überrascht, als ich höre, dass an einem Sonntag morgen um 9:00 Uhr selbst im fernen Tsumkwe die Kirchenglocken läuten!

Ansgar und Diethild kommen so gegen 10:20 Uhr vom Reiten zurück. Der Ausritt war nett, aber etwas Spannendes haben sie nicht erlebt. Nur sucht die Lodge jetzt die Ponys, die vorhin noch versucht hatten, hinter den großen Pferden herzulaufen und dabei im wilden Zickzack-Galopp über den Campingplatz gerast waren.

Wir packen langsam das Auto zu Ende ein, füllen Benzin nach und fahren an die „Rezeption“ der Lodge, um die Übernachtungen und den Ausritt zu bezahlen und noch ein paar Informationen über das Nyae Nyae Conservancy zu bekommen.

Es stellt sich heraus, dass der Ausritt kostenlos, weil nicht wirklich im Angebot der Lodge vorgesehen, war. Ich schreibe mir (Bestell-)Informationen von zwei Büchern über die hier ansässigen San-Buschmänner, die zur Anschauung ausliegen, ab.

Irgendwodurch läuft Heike eine mächtige Laus über die Leber, was sie uns allen mitteilt, so dass wir wissen, dass wir ihr die nächste halbe oder ganze Stunde man besser keine Frage stellen und auch nicht zu viel reden. Ich denke, auch das ist ein hormonelles Problem ist, mit dem sie gerade zu kämpfen hat, aber „schlechte Laune mit Ansage“ ist allemal besser, als wenn das Gewitter aus heiterem Himmel über einen von uns herein bricht.

Wir fahren los. Ich dachte ja eigentlich, dass das Nyae Nyae Conservancy erst direkt südlich von Tsumkwe beginnt, habe mich da aber gestern eines besseren belehren lassen, denn schon kurz nach dem Abzweig nach N!homa kündet ein Schild an der Straße den Beginn des Conservancies an. Ich wußte das nur nicht, weil wir vorletztes Jahr ja gar nicht über die (Haupt-)Straße, sondern „quer Busch ein“ von N!homa nach N!homa Post und dann von Norden her nach Tsumkwe gekommen waren. Da waren wir also auch schon die ganze Zeit im Conservancy gewesen!
 
 .  Jetzt fahren wir von Tsumkwe aus in Richtung Süden in den von mir so geliebten Teil des Conservancies.
Auch hier wirkt dieses Jahr alles viel grüner. Nur an wenigen Stellen hat es gebrannt, dafür muß es auch hier vor relativ kurzer Zeit schon ausgiebig geregnet haben, denn teilweise stehen auf und neben der Straße noch große schlammige Pfützen – an einer Stelle hat sich sogar ein richtiger Teich gebildet.
 

Wir fahren ca. 16 km nach Süden bis wir die Gura Pan erreichen. Das ist die Stelle, an der vorletztes Jahr so viel Wasser stand (vermutlich wird diese Pfanne nicht nur von Regen, sondern auch von einer unterirdischen Quelle gespeist) und wo wir so wundervoll schön und viele Tiere gesehen hatten.

Dieses Jahr sieht es hier recht anders aus. In der Senke steht nur an einer einzigen Stelle ein Rest brackiges Wasser – kein einziges Tier ist zu sehen.

Wir klettern trotzdem auf den immer noch hier stehenden, extrem solide und damit Elefanten-sicher gebauten Hochsitz und machen erst einmal Mittagspause.
 
Die Gura-Pan...
... und ihre Quelle.
gemütliche Pause auf dem Hochsitz...
... an der Gura Pan

Ansgar vermutet, dass die Quelle die derzeitige Höhe des Grundwasserspiegels anzeigt. Auch wenn es vor kurzem heftig geregnet hat, hat der gefallene Regen den Grundwasserpegel noch nicht nachhaltig beeinflußt. Noch steht das Wasser an der Oberfläche und ist noch nicht versickert. Erst wenn das passiert ist, beeinflußt das auch den Grundwasserpegel. Unsere Hydrogeologin hat immer noch eine Laus auf der Leber sitzen und hat keine Lust, Ansgars Theorie zu kommentieren. Erst mehrere Stunden später meint sie, dass er mit seiner Theorie zumindest in groben Zügen richtig liegt.

So gegen 15:30 Uhr werden wir wieder aktiv und fahren zunächst einmal direkt an die Pfanne / Quelle ran. Es ist wirklich nur (noch?) sehr wenig brackiges Wasser in der Mulde. Es sieht wahrlich nicht verlockend aus und es wundert mich nicht, dass hier scheinbar nicht mehr wirklich viele Tiere herkommen, um es zu trinken. Es blubbert im Wasser und wir können nicht klären, ob das von verwesenden Algen kommt, oder ob das vielleicht sogar die Quelle ist, die hier hoch sprudelt. Ansgar entdeckt im Wasser den Kopf einer Schildkröte – das arme Vieh – diese Brühe ist nun wirklich kein feines Zuhause...

Heike nimmt eine Wasserprobe. Genau wie im letzten Jahr wird bei den Proben sofort vor Ort die Leitfähigkeit und der PH-Wert der Probe bestimmt. Meistens stelle ich mich dann auch noch für einen Geschmackstest des Wassers zur Verfügung, aber bei dieser Pfütze lasse ich das man lieber bleiben! Sie macht ein paar Fotos, dann fahren wir weiter. Das heißt, eigentlich fahren wir erst mal ein kurzes Stück zurück zu einer anderen, namenlosen Pfanne, in der auch noch ein wenig Wasser steht, das ebenfalls von Heike beprobt wird.

Dann geht es zurück zur Gura Pan und von dort aus Richtung Nord-Osten zur Dube Pan. Dort soll ein Campingplatz sein, denn – wie wir in der Tsumkwe Lodge erfahren haben – ist wild campen im Nyae Nyae Conservancy verboten. Die Pfanne ist schnell erreicht und nachdem Heike auch hier eine Wasserprobe genommen hat, ist auch der Campingplatz am sogenannten Holboom schnell gefunden.

Der Holboom ist ein riesiger Baobab, der in seiner „Jugend“ – vor schätzungsweise mehreren hundert Jahren – auseinander gebrochen sein muß. Beide Hälften haben offensichtlich überlebt und sind – jede in eine Richtung – weiter gewachsen. In der Mitte des Baumes hat sich so eine riesige Höhle gebildet. Man kann auf den Baum klettern und von oben in die ca. 3 x 5 x 4 m große Höhle gucken oder sich gemütlich auf einen der teilweise bis zu 2 m breiten Äste legen. Der Baum ist wunderschön!
 
Der Elefanten-sichere Hochsitz an der Dube Pan...

 

... und der beeindruckend große Holboom-Baobab...

 

... der eine fast Herz-förmige Verwachsung hat, in der Verliebte sich fotografieren lassen können...
... und dessen Äste selbst in 5 m Höhe breit genug sind für ein Nickerchen!

Der Campingplatz, der von einer Organisation namens Raleigh International gestiftet / eingerichtet (?) worden ist, ist sozusagen einen Baobab weiter. An ihm ist – genau wie an der Gura Pan – ein hoher, extrem stabiler Hochsitz gebaut worden, der von einer, aus scharfkantigen und lose – also wackelig – aufeinander geschichteten Steinbrocken bestehenden, Mauer umgeben wird. Von ihm aus hat man einen herrlichen Blick über die Dube Pan. Leider fehlen auch hier komplett die Tiere.

Wir bereiten das Nachtlager vor. Ich will auf dem Hochsitz schlafen und habe einige Mühe, das Seil, an dem ich das Moskitonetz aufhängen will, über einen der Baobab-Äste zu werfen, aber nach einigen Versuchen, für die ich mich vor jedem Lasso-werfenden Cowboy schämen müßte, klappt es schließlich doch noch.

Leider gibt es auch hier wieder recht viele Moskitos.

Zum Abendessen gibt es ganz traditionell afrikanisch Millypapp (Maismehlpamps) mit scharfer Tomatensoße und Erbsen und dazu wieder lecker Weißkohlsalat.

Ein kleiner Hund ist schon seit einer Weile unser „Gast“. Er ist total abgemagert, scheint aber nicht wirklich krank zu sein – vermutlich hat er Würmer. Wir scheuen uns alle etwas davor, ihn zu streicheln, obwohl er einen unglaublich lieben Charakter zu haben scheint. Auch füttern wollen wir ihn eigentlich nicht, er bettelt aber auch nicht, ist einfach nur die ganze Zeit da und liegt in unserer Nähe. Wenn wir jetzt in Spanien wären, würde ich ernsthaft überlegen, ihn mit nach Hause zu nehmen.

Am Horizont sieht man heute übrigens einen roten Schein – nicht all zu weit von uns entfernt muß der Busch brennen.

Bevor wir schlafen gehen, gibt es eine lange Diskussion, wann wir morgen aufstehen, und was wir dann in welcher Reihenfolge tun wollen.

Die meisten von uns haben das Gefühl, dass wenn überhaupt Tiere beobachtet werden können, das wohl am ehesten von dem Hochsitz an der Gura Pan aus möglich sein wird. Allerdings müßte man dann spätestens mit, wenn nicht schon vor der Sonne dort sein.

Das wiederum hieße nicht nur am besten noch vor 5:00 Uhr aufstehen, sondern auch noch im Dunkeln losfahren und nachts (bzw. in der Dunkelheit) soll man ob der nachts unterwegsen Tiere eigentlich nicht fahren.

Ich halte mich aus der Diskussion so weit als möglich raus, da ich das Gefühl habe, dass in den letzten Tagen an keiner der beiden Pfannen (der Gura Pan oder der Goucha Pan) reger Tier-Betrieb geherrscht haben kann. Zumindest lagen nirgendwo Kiloweise frische Elefantenköddel rum.

Schließlich einigen wir uns darauf, mit dem allerersten Tageslicht (also ziemlich genau um 5:00 Uhr) loszufahren und gehen schlafen – ich, auf einer der dicken blauen Isomatten liegend, auf dem Hochsitz.

Frage des Tages: Woran merkt man, dass es heiß ist?
Antwort: Wenn man sich an Steinen, die man vom Boden aufhebt, die Pfoten verbrennt!
:)
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