DIENSTAG, 28. DEZEMBER 2004

Nach der vielen Fahrerei und dem langen im-Auto-sitzen gestern, haben wir uns vorgenommen, die nächsten Tage etwas ruhiger und langsamer anzugehen, denn auch für Heike und Ansgar sollen diese Tage ja ein kleiner Urlaub sein. Und heute morgen fangen wir mit dem Müßiggang an!
Beim Frühstücken und Zusammenpacken lassen wir uns jede Menge Zeit. Wir füllen alle Wasserkanister mit neuem Wasser auf und werfen in zwei der drei Kanister Mikropur-Reinigungstabletten, denn die nächsten Tage werden wir vermutlich weder auf einem Campingplatz übernachten, noch an einer Wasserstelle vorbei kommen. Das Damaraland, in das wir heute fahren werden, ist noch trockener und arider [= „wüstiger“] als das Buschmannland.
 

Die an den Fels gebaute Dusche!
Was braucht man mehr?
Der Blick von der Dusche!

Dann duschen wir alle noch einmal in den so spektakulär an den Fels gebauten Duschen.
Der einzige Nachteil dieses Ortes ist, dass es hier derzeit total viele Fliegen gibt, die ziemlich nerven, weil sie auf der Suche nach Feuchtigkeit versuchen, in alle möglichen Körperöffnungen einzudringen...
Am späten Morgen verlassen wir die Oppi Klippe und fahren zurück nach Outjo, wo wir uns für die nächsten 5 – 7 Tage, die wir jenseits der Zivilisation im tiefsten Damaraland verbringen werden, mit Lebensmitteln eindecken.
Wir kaufen einen ½ Einkaufswagen voll Lebensmittel, inklusive zweier T-Bone-Steaks, von denen jedes ca. 3 cm dick und so groß wie ein großer Eßteller ist! Wir betanken das Auto (hinten 90 Liter, vorne 60 Liter und noch dazu zwei der Kanister auf dem Dach mit jeweils 25 Litern) und melden uns per SMS in Deutschland ab. (Von dort kommt übrigens die Nachricht eines Seebebens im Indischen Ozean, dass auf der Richterskala eine Stärke von 8,9 hatte, an den Küsten von Ski Lanka, Thailand, Malaysia und vor allem Indonesien gewaltige Tsunamis ausgelöst hat und dabei mindestens 25.000 Menschen – darunter garantiert auch jede Menge Weihnachtstouristen – in den Tot gerissen hat.)
 

Die Gegend wird
immer trockener,
die Landschaft
immer karger.
So beladen und betankt geht es von Outjo aus Richtung Westen. Die 150 km bis Khorixas ist die Straße noch geteert. Khorixas selbst ist nicht mehr als ein Dorf, besitzt allerdings die letzte Tankmöglichkeit vor dem Damaraland und der noch weiter westlich liegenden Skelettküste (somit also eigentlich die letzte Tankmöglichkeit vor Amerika! :) ), einige kleine Winkel [= Läden] und Shebeens [= Trinkhallen] und überraschenderweise ein Stadion, dessen Tribüne so groß ist, dass vermutlich die ganze Stadt darauf Platz finden würde!

Eine versteinerte
Düne

Kaum hat ein lustiges Straßenschild das Ende der Teer- und den Beginn der Schotterstraße angekündigt, treffen wir auf ein am Straßenrand stehenden Pick-up. Der Hinterreifen ist platt, das Reserverad auch und die 13 mitfahrenden Damaras sind in der glühenden Mittagssonne gestrandet. Wir versuchen, mit einer automatisch und über den Zigarettenanzünder arbeitenden Pumpe, die wir dabei haben, Abhilfe zu schaffen, aber das klappt nicht, denn der Reifen hat kein Loch, sondern ist am Ventil kaputt gegangen. Als Ansgar anbietet, einen von ihnen zusammen mit einem der kaputten Reifen in das nur wenige Kilometer hinter uns liegende Khorixs zurück zu fahren und dort mit ihm auf die Reparatur des Reifen (Ja! Hier werden Reifen noch repariert!) zu warten, wird das Angebot dankend abgelehnt. Man hat per Handy schon Hilfe angefordert...

Also fahren wir weiter Richtung Westen. Wir sind hier in einem Gebiet, das bis vor relativ wenigen Jahrzehnten noch Farmland der Weißen war, dann aber vom Staat enteignet wurde, um das Communal Land der Damara zu schaffen. (Ich weiß leider nicht genau, bis wann, möglicherweise bis 1964, als der sogenannte "Odendaal-Plan", der in Namibia nach südafrikanischem Vorbild "Homelands" einrichtete, in denen sich die schwarzen Stämme separat von den weißen entwickeln konnten, in Kraft trat.) Die weißen Farmer bekamen als Entschädigung Land in Südafrika, das zu dieser Zeit ja noch das Kollonialherrenland Namibias war, zugesprochen.
 
Das Damaraland
Die Namen der Farmen, durch die wir in den nächsten 1 ½ Stunden fahren, erinnern noch an die Zeit als die Weißen das Land unter sich aufgeteilt hatten: Korechas (381) – Inhoek (482) – Bella Vista (483) – Bloemhof (484) – (485) – Nauwpost (511) – Rooiberg (517) – Bloukrans (512) – Austerlitz (515) sind die Namen (und Nummern) der ehemaligen Farmen, durch die wir fahren.
Das Damaraland - 
Farm: "Die Riet"

Für viele der Enteigneten wird der Tausch aber sicher nicht zum Nachteil gewesen sein, denn je weiter wir Richtung Westen fahren, desto trockener und karger wird das Land.
Das dichte Buschland weicht immer mehr zurück und das Gras unter den Büschen wird immer kürzer und weniger, bis es schließlich ganz verschwunden ist.
Wer hier sein Dasein fristet, der muß schon extrem hart im Nehmen sein. Aber hier wohnt auch kaum noch jemand. Alle paar Kilometer kommen wir an den Hütten einiger Damaras vorbei. Die Hütten sehen schon ziemlich erschreckend aus: Einige Wellblechplatten sind äußerst notdürftig zu wenigen Quadratmeter großen Hütten zusammen gestellt. Die meisten der fast fensterlosen Hütten stehen mitten auf dem steinigen schotterigen Erdboden und ring herum ist kein grünes Blatt in Sicht.
Die Buschmänner leben zwar auch in absolut primitiven Hütten, aber die wirken nicht annähernd so armselig und verwahrlost wie die Hütten der Damara. Die Damara haben wohl auch immer schon einen schweren Stand gehabt und wurden zeitweise von den Weißen sogar als Dreck-Damara tituliert. Warum sie dem aber selbst auch noch Futter geben, und ihre Hütten lieber aus dem Dreck der Zivilisation als aus traditionellem Baumaterial (das es ja nach wie vor hier geben muß, denn bevor die Weißen das Land bevölkerten und Dinge wie Wellblech mitbrachten, müssen die Damara ja auch schon Hütten gebaut haben!) herstellen, bleibt mir ein Rätsel.
Außerdem geht mir nicht so ganz in den Kopf, warum die Damara auch heute noch in diesen Verhältnissen leben (wollen?), denn als die weißen Farmer das Land verlassen mußten, haben sie natürlich alle ihre Farmhäuser zurück lassen müssen. Die Damara, die das Land übernahmen, hätten also problemlos die Häuser übernehmen und dort wohnen können. Aber das haben sie nicht getan. Statt dessen zerlegten sie die Farmhäuser in ihre Einzelteile und holten alles, was sie gebrauchen konnten heraus, um daraus ihre eigenen Wellblechhütten zu bauen.
Schon etwas sonderbar...
 

Fahrt durch ein
sandiges Flussbett
Während wir über die Farm Bethanis (514) fahren, biegen wir nach links auf einen kleinen Pad ab. In dem festen felsigen Boden ist die Fahrspur kaum zu erkennen und man muß schon das nötige Vertrauen haben, wenn man glauben soll, dass das hier durchaus noch als „Straße“ in der Landkarte eingezeichnet ist!

Zunächst fahren wir über eine flache, harte Ebene, dann durchfahren wir einen kleinen Bergpaß und gucken hinter auf die grüne Tiefebene der Farm Rendevouz (533). Der Aba-Huab – ein Nebenarm des ephemeren [= nur unter besonderen Bedingungen, also nach extrem starken Regen-Ereignissen fließenden] Flusses Huab – fließt durch diese Ebene und obwohl er kein Wasser führt und bermutlich auch schon seit langen nicht mehr „abgekommen“ [= geflossen] ist, stehen in seinem Revier [= Flußbett] große grüne Bäume und Sträucher und der Boden ist mit teilweise tiefem Sand bedeckt.
Wir durchqueren den Aba-Huab und fahren weiter durch eine immer karger und steiniger werdende Landschaft. Hohe Berge zeichnen sich in der Ferne vor dem dunstigen Horizont ab und es fällt mir immer schwerer, zu glauben, dass ich immer noch auf dem Planeten Erde und nicht auf dem Mond oder dem Mars bin!

Wir erreichen die Farm Die Riet (720), wobei das nicht etwa durch irgendwelche geologischen Merkmale oder einen Zaun, sondern einzig durch einen Blick auf die Karte und das Vergleichen der GPS-Daten ersichtlich wird.
Ansgar hat hier in der Gegend für seine Dissertation [= Doktor-Arbeit] geforscht – daher kennt er fast jeden Pad der durch dieses Gebiet führt. Ein Ortsunkundiger wäre hier auf ein extrem gutes Navigations- und Orientierungsvermögen angewiesen, denn erstaunlicherweise gibt es selbst in dieser Einöde noch eine ganze Menge Pads! Das liegt daran, dass das Gebiet hier – das den südlichsten Teile des Kaokofeldes darstellt – zu einer der beliebtesten Off-Road-Strecken des südlichen Afrikas gehört. Aber trotz dem so ist, sehen wir die ganze Zeit über keinen einzigen Menschen!

Bis wir dann plötzlich – immer noch mitten auf der Farm Die Riet – vor einer Kirche, einer Klinik und ein oder zwei weiteren festen Gebäuden, sowie einiger Damara-Wellblechhütten und – most absurdly – einem fröhlich bunten und ziemlich gut ausgestattetem Kinderspielplatz stehen!
Wer hier spielen, missionieren oder geheilt werden soll, entzieht sich allerdings unserer Erkenntnis... Bis auf eine Damarafrau und ein Kind sehen wir auch hier niemanden...

Nach einer weiteren Strecke Gestein und Geröll, die der Roda überaus tapfer nimmt, erreichen wir den ebenfalls ephemeren Huab und müssen auch ihn durchfahren. Schon seit einer ganzen Weile sehen wir immer mal wieder mehr oder weniger frische Elefantenspuren, denn – man mag es kaum glauben – hier in dieser trost- und wasserlosen Gegend leben ca. 500 der sehr seltenen Wüstenelefanten. Im Vergleich zu den „normalen“ Elefanten sind sie etwas kleiner, haben längere Beine und breitere Füße, wird mir erklärt. Die weltweite Population der Wüstenelefanten wird nur noch auf ca. 800 Stück geschätzt.
 
Eine Herde der
seltenen
Wüsten-Elefanten!!!
Davon leben 500 hier im Damaraland, die restlichen 300 in Mali. Wenn man davon ausgeht, dass sich die 500 hier lebenden Wüstenelefanten etwa gleichmäßig über die ephemeren Flußtäler dieser Gegend verteilen, dann müßte es im Revier des Huab ca. 100 Wüstenelefanten geben.

Und als wir dann so durch das Revier des Huab fahren, haben wir das große, große Glück gleich eine ganze Herde von ca. 10 der seltenen Tiere zu sehen!!! (Was also ca. 10 % der gesamten hier lebenden Population gleich kommen müßte!) Es soll Menschen geben, die tage- und wochenlang auf der Suche nach Wüstenelefanten den Huab und seine Seitenarme abgefahren sind und trotzdem kein einziges Exemplar gesehen haben und wir müssen ihn nur ein mal überqueren und haben gleich das Glück eine ganze Herde, inklusive mehrerer teilweise ziemlich kleiner Jung-Elefanten zu sehen!!!

Aber auch diese Elefanten sind wild, also ist gebührender Abstand und Vorsicht geboten! Wir halten an und nehmen uns die Zeit für ein paar Fotos, passen aber verdammt gut auf, ob und wie die Elefanten auf uns reagieren. Zum Glück sind sie dann doch so weit weg, dass sei sich durch uns überhaupt nicht stören lassen, sondern weiter genüßlich an den im Flußbett stehenden Bäumen und Büschen kauen. Und das, obwohl die Tatsache, dass die Herde mehrere Elefantenkinder und –babies mitführt ja normalerweise dazu führt, dass sie noch wachsamer und auch aggressiver sind. Aber zum Glück ist dem nicht so!

Nachdem wir genug Fotos gemacht haben, fahren wir weiter durch das sandige Bett des Huabs. Wir müssen am Nordufer eine Stelle finden, an der wir aus dem Flußbett heraus kommen. Das ist gar nicht so einfach, denn an vielen Stellen ist es entweder zu sandig oder die Uferböschung ist zu hoch und / oder zu steil, als dass wir da mit Roda so einfach hoch fahren könnten. Außerdem verändert der Fluß jedes Mal, wenn er abkommt sein Revier, so dass man nicht davon ausgehen kann, dass die Stelle, an der man vor der letzten Regenzeit das Flußbett verlassen konnte, jetzt noch immer so aussieht und eine Rausfahrt möglich macht.
Wir finden die richtige Stelle und der Roda nimmt auch ohne Schwierigkeiten die nächste Hürde in Form einer kleinen Sanddüne, die über den Pad geweht ist.

Mit all dem Wasser, dem Benzin, dem Essen, all unserem Gepäck, der Ausrüstung, den beiden Reserverädern und dem Dachzelt und allem, was sonst noch auf dem Dach untergebracht ist (3 Stühle, 2 Tische, etlicher Kleinkram) sind wir nicht nur ziemlich schwer belanden, sondern auch einigermaßen kopflastig, so dass Ansgar versucht, zu große Schieflagen des Autos zu vermeiden. Außerdem sind Heike und Ansgar mit dem Roda noch nie durch so steiniges Gelände gefahren und müssen sich erst mal langsam über die Clearance [=Bodenabstand] klar werden.

Übrigens sind wir jetzt in der Gegend, in der Heike und Ansgar vor zwei Jahren ihre Flitter-Safari unternommen haben.

Dann stehen wir mit dem Roda vor einer neuen Herausforderung: Wir müssen einen Granitrücken überqueren und auch wenn klar zu erkennen ist, dass Wagenspuren über den Hügel führen, sieht er nicht so aus, als könne man da wirklich drüber fahren... Es geht nicht nur unglaublich steil (mit einem Gefälle von schätzungsweise 40 %) nach oben, sondern im obersten Teil liegen – zusätzlich zu der Steigung – auf einer Strecke von ca. 1 ½ m dicke Felsbrocken auf dem Pad. Wie soll man da denn bitte mit dem Auto drüber fahren können?!?
Aber Ansgar meint, dass das gehen würde...
 

Kurz vor dem Steilstück gilt es noch ein sandig-weiches Flussbett-Ufer zu erklimmen
Von unten sieht das Steilstück gar nicht sooo schlimm aus!
Von oben auch nicht...
Aus der Nähe betrachtet schon eher
Geschafft 1
Geschafft 2

Wir holen alle noch einmal tief Luft und trinken einen großen Schluck Bier (Heike und ich trinken heute schon seit Outjo Bier – weil es direkt aus dem Kühlregal des Spirituosenladens kommt und noch so schön kalt ist!), Ansgar legt den Low 4-Gang, den stärksten Gang des Differenzialgetriebes ein und dann geht es los!

Die ersten Meter der insgesamt nur ca. 40 m langen Strecke sind noch verhältnismüßig einfach. Es geht zwar auch jetzt schon auf losem, steinigem Boden steil bergauf, aber für Rodas 3,5-Liter-8-Zylinder-Motor ist das in der Tat kein Problem. Aber dann kommen wir an besagte 1 ½ m. Und jetzt muß Roda wirklich kämpfen!!! Der Motor heult auf und jedes der vier Räder holpert in einem anderen Rhythmus über teileweise aufrecht stehende, Schuhkarton-große Felsstücke oder kommt auf all zu schräg liegenden Felsplatten ins Rutschen...
Man mag wirklich kaum glauben, dass ein Motor, bzw. ein Auto zu so einer Leistung fähig ist...
Zwei mal schlagen wir mit einem lauten Krachen mit dem Unterboden auf dem Fels auf, aber Roda schafft es tatsächlich, diese extreme Passage zu meistern!
 

Der Blick als
Belohnung!
Oben angekommen atmen wir alle einmal tief durch!

Ansgar hält den Roda an um sich die möglichen Schäden am Chassis anzugucken, aber da ist zum Glück nichts schlimmes zu sehen. Bei der Gelegenheit pumpt er aber auch gleich die Reifen, aus denen er vorhin zum besseren Befahren der Schotterstraße einige Luft abgelassen hatte, mit Hilfe der elektrischen Pumpe wieder stärker auf. (Übrigens ist der Zigarettenanzünder eines der wenigen elektrischen Teile des Rodas, das tatsächlich funktioniert!)

Die Abfahrt auf der anderen Seite des Granitrückens ist vergleichsweise einfach. Zwar geht es auch hier relativ steil und holprig runter, aber im Vergleich zu der Hochfahrt ist das hier jetzt fast ein Kinderspiel!

Nach dem Hügel erwartet uns eine riesige flache Ebene.
Es geht gen Abend und von der nahen Küste her bläst ein kräftiger Wind den Wüstensand über die Ebene. Wie auf Amrums Kniepsand wehen die Sandschwaden uns entgegen und geben ein bizarres Bild. Hält man beim Fahren die Hand aus dem Fenster, pieksen unzählige winzige Sandkörner dagegen. Und da der Roda überhaupt nicht dicht ist, ist auch bald der ganze Innenraum mit Sand zugestaubt. Der Sand kriecht in Augen, Nase und Mund, aber da er so fein ist, ist das noch nicht einmal sehr unangenehm.
 

Der Wind peitscht den 
Sand über die Ebene
Auf der ganzen Ebene stehen sogenannte Kuppsen: Pflanzen, die dem Wind ein Hindernis sind und an denen sich dadurch der feine Sand fängt und ablagert. So entstehen die Anfänge kleiner Dünen, auf den die Kuppsen weiter wachsen können.

Durch den wehenden Sand ist der Pad teilweise nur schlecht zu erkennen, aber Ansgar findet unseren Weg. Am Ende der Ebene haben auch wir unser heutiges Ziel fast erreicht. Es ist die ehemalige Farm Krone (721), die schon wieder ein landschaftlich ganz anderes Bild bietet, denn in ihrem Westen stehen die ersten höheren Berge.
Wir verlassen den Hauptpad und biegen nach Osten ab, wo wir auf das kleine ehemalige Farmhaus zufahren. Wie vorhin beschrieben ist es nach der Enteignung von den Damaras komplett auseinander genommen worden, so dass jetzt nur noch die Grundmauern stehen; alle Fenster und Türen sowie das Dach fehlen. Neben dem Haus stehen einige etwas größere Bäume und ein kleines Windrad, das erstaunlicherweise sogar funktioniert und Wasser an die Oberfläche pumpt. In einer kleinen Mulde ist von den Damara mit Hilfe von Ästen und Baumstämmen ein Kral (für Tiere) angelegt worden. Aber von den Damara selbst ist weit und breit nichts zu sehen.
Als Heike und Ansgar zuletzt hier waren, hatten hier wohl noch einige Damara gelebt, aber das ist nun ja auch schon wieder zwei Jahre her.

Ich frage mich überhaupt, wie man freiwillig hier in dieser Gegend leben kann. Landschaftlich ist es zwar absolut spektakulär und schön und Wasser gibt es hier ja offensichtlich tatsächlich auch, aber ansonsten sind hier nur Steine, Steine, Steine, Sand und noch mehr Steine.
Die wenigen grünen Pflanzen, die hier überleben können sind entweder dornig oder giftig oder beides. Selbst das umherliegende Holz kann man teilweise nicht zum Feuer machen verwenden, weil es Euphorienholz ist, das beim Verbrennen giftige Gase erzeugt und damit das Essen vergiften kann.

Aber wir wollen ja auch nicht hierher ziehen, sondern lediglich ein oder zwei Nächte hier verbringen.
Da Heike und Ansgar schon hier waren, wissen sie, wo man am besten campen kann. Etwas weiter in Richtung Tal liegt ein großer heller Sandsteinfelsen – übrigens eine versteinerte Düne!!! – der von Wind und Wetter so bearbeitet worden ist, das an seiner Nordseite eine halbe Höhle entstanden ist. Dieser Überhang ist groß genug, als dass man darunter ein oder auch mehrere Zelte aufbauen kann.
Weil es hier so trocken ist, gibt es keine Moskitos, so dass Heike und Ansgar beschließen, zusammen mit Daan unter freiem Himmel auf der großen Luftmatratze zu schlafen. Da meine Matratze so viel schmaler ist und ich an vielen der letzten Morgen eher neben als auf ihr aufgewacht bin und keine Lust habe, morgen früh im Sand liegend aufzuwachen, baue ich mir lieber das kleine Zelt auf. In aller Regel baue ich aber sowieso nur das wind- und wasserdurchlässige Innenzelt auf, so dass es eh fast wie draußen schlafen ist.
 

Die Farm Krone
Blick über die Ebene
Ein verfallener Buschmann-Shelter

Vor dem Abendessen mache ich noch eine kleine Bergtour: Heike und Ansgar haben mir empfohlen auf den Rücken der versteinerten Düne zu klettern, weil man von dort aus einen ganz wunderbaren Blick über das grüne Huab-Tal und die dahinter liegenden Berge haben soll.
Ich bin zum Klettern nicht wirklich gut ausgerüstet. Die Stiefel, die ich mithabe sind mir eigentlich zu klein und zu eng und in meinen Sandalen habe ich auch nicht wirklich halt. Dass ich auf den Berg hinauf kommen werde, daran habe ich keine Zweifel – mehr Sorgen mache ich mir über das herunterkommen... im Berg runter gehen war ich ja noch nie besonders gut.
Trotzdem wage ich den Aufstieg. Die Düne ist ja auch maximal 60 oder 70 m hoch – das werde ich schon schaffen... In der Tat ist der Aufstieg überhaupt kein Problem: An den Stellen, an denen es etwas steiler und geröllig wird, gehe ich eben auf allen vieren.
Unterwegs komme ich an mehreren runden Kreisen von aufeinander getürmten Steinen vorbei. Das sind sogenannte Bushman Shelter – runde Schutzwälle, die die Buschmänner, die hier früher gelebt haben angelegt haben, damit sie windgeschützt schlafen können. Die Mauern dieser Kreise sind nur ca. 40 cm bis 50 cm hoch. Es ist nicht ganz klar, ob sie früher höher waren oder ob oberhalb der Steine möglicherweise noch mit Stöcken und Ästen, die inzwischen verwittert oder weggetragen sind, weiter gebaut war oder ob den anspruchslosen Buschleute schon dieser niedrige Schutz genügt hatte.
Möglicherweise haben die Buschleute auch eine Tierhaut über den Steinwall gespannt um sich so vor Wind und Wetter zu schützen.

Nach kurzem Aufstieg erreiche ich die Flache Kuppe des kleinen Berges und der Blick, der mich von hier oben erwartet, ist wirklich ziemlich beeindruckend.
Der beginnende Abend und die von der Küste her in das Land strebende Feuchtigkeit tauchen alles in ein bizarres bläuliches Licht, das die Berge auf der anderen Seite der Huab-Ebene ganz unwirklich aussehen läßt.
Eine Zeitlang genieße ich den Blick, aber da ich nicht weiß, wie lange ich für den Abstieg brauchen werde, mache ich mich liebe auf den Weg – denn in der Dunkelheit sollte man hier nicht mehr unterwegs sein!!!
Den Weg den ich hoch gekommen bin, kann ich nicht wieder runter gehen – der ist mir einfach zu steil und zu rutschig. Ich finde auf der anderen Seite der Düne aber eine Art kleines Tal in dem größere Felsbrocken, die nicht so leicht ins Rutschen kommen können, liegen. Hier komme ich einigermaßen gut nach unten.
Unten angekommen muß ich den wirklich nicht sehr großen Berg nur noch ein Stück weit umrunden und schon bin ich wieder an unserem Lager angekommen.

Zum Abendessen haben wir die zwei riesigen Steaks, die zusammen fast 2 kg wiegen. Dazu gibt es in Alufolie auf der Glut gegarte Zwiebelringe und frischen Hüttenkäse.
Während es dunkel wird geht über uns ein unglaublicher Sternenhimmel auf. Der Mond ist noch nicht da, so dass man die Sterne in voller Pracht genießen kann.
Bis ca. 21:00 Uhr gucken wir noch in den Sternenhimmel, dann gehen wir schlafen.
 

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