Den Morgen lassen wir ganz gemütlich
angehen. So gemütlich, dass ich erst gegen 7:00 Uhr aufstehe. Das
übliche Frühstücken und Zusammenpacken der Ausrüstung
ist längst Routine. Bevor wir aufbrechen gehen Heike, Daan und ich
noch einmal schnell in den Pool.
Gegen 11:00 Uhr sind wir auf der Straße
Richtung Grootfontein. Wir halten auf der Rainer Siegmund gehörenden
Farm Kokasib (auch der ich auch vor zwei Jahren schon einmal war), wo Heike
und Ansgar auf der Hinreise das Dachzelt des Roda geparkt haben, weil das
relativ schwere Zelt den Schwerpunkt des Autos extrem nach oben verlagert,
was in unebenem Gelände auch leicht mal zu einem Umkippen des Autos
führen kann. Außerdem steht hier noch eine Kiste mit Wasserproben,
die Herr Siegmund im Laufe des letzten Jahres für Heike gesammelt
hat.
Herr und Frau Siegmund sind über Weihnachten
nicht auf der Farm, aber die farbige Hausangestellte und einer der Farmarbeiter
helfen uns, das Zelt aus der Scheune zu holen und auf dem Dach des Rodas
zu montieren – was gar nicht so einfach ist.
Daan „fährt“ in der Zwischenzeit Trecker
und guckt sich mit mir die zehn ausgewachsene Hunde und die fünf nur
wenige Wochen alten Welpen, die es auf der Farm gibt, an.
Der Karton mit den Wasserproben ist im Haus
eingeschlossen, für das leider keiner einen Schlüssel hat; wir
können sie also nicht mitnehmen. Das ist etwas doof, aber auch keine
Katastrophe, denn in Namibia ist es absolut OK und üblich, jemanden,
der eh an oder in der Nähe der Farm vorbei fährt, zu bitten,
die Proben abzuholen und mit nach Windhoek zu bringen. Da wird sich in
den nächsten Wochen schon jemand finden lassen. Und schlimmstenfalls
sind Heike und Ansgar im Februar ja eh noch mal in Richtung Khaudum unterwegs
und können die Proben dann abholen und mitnehmen.
Wir fahren nach Grootfontein, wo wir nur schnell tanken und dann weiter nach Tsumeb, wo wir für die nächsten Tage einkaufen und unter einem Canopy [= Markise] auf dem Parkplatz vor dem Sparladen zu Mittag essen.
Dann geht es weiter Richtung Etoscha.
Die Fahrt dorthin ist bis auf die Tatsache,
dass Heike glaubt, neben der Straße einen totgefahrenen Leoparden
zu entdecken, wieder sehr unspektakulär.
Dann erreichen wir das Tor von Namutoni,
im Osten des Parks.
Wir müssen am Eingang unsere Adresse,
Autonummer und noch ein paar weitere Informationen hinterlassen. Die Frau,
die mich den Zettel ausfüllen läßt, macht den Eindruck,
als hätte sie schon mindestens eine Flasche Sekt getrunken (was OK
wäre, denn immerhin ist heut ja noch Weihnachten!): Sie kriegt sich
über meine tollen Halsketten gar nicht wieder ein, findet alles, was
ich in die leeren Felder des Fragebogens schreibe entweder super spannend
oder total komisch und ist überhaupt komplett überdreht!
Nach dem Tor geht es 12 km weit durch den
Park bis zum eigentlichen Ort Namutoni.
Namutoni ist ein altes, seinerzeit von den
Deutschen Kollonial“herren“ errichtetes Fort an der Fisher’s Bay, dem östlichsten
Zipfel der Etoschapfanne.
Hier müssen wir uns an der Rezeption
melden, N$ 240,- für das Zelten (Pauschalpreis für bis zu 8 Personen)
und N$ 110,- Parkeintritt (N$ 30,- pro Person plus N$ 20,- für Roda)
bezahlen und dürfen uns dann auf dem großen Campingplatz (Ping
Sit steht auf den Schild am Eingang! J) einen schattigen Platz suchen.
Der Platz ist gut gefüllt mit einer bunten Mischung internationaler
Familien – darunter auch jeden Menge schwarze Familien, was Heike überrascht,
weil sie das hier so noch nie erlebt hat; normalerweise sind die Schwarzen
nicht gerade dafür bekannt, dass sie mit ihren Familien Reisen durch
die eigene Landeskultur unternehmen. Es wäre aber schön, wenn
sich das jetzt zu einem neuen Trend entdecken würde!
Der Anhänger ist eine rollende Bettenburg!
Jeder, der während des Tages im Bus einen Sitzplatz hat, hat hier
während der Nacht ein Bett. In drei Reihen übereinander angeordnet
können hier 42 Leute schlafen! Jede der Kojen ist mit einem kleinen
Fenster, inklusive Vorhang und Moskitonetz ausgestattet. Eine AirCondition
gibt es nicht – mit Hilfe der Fenster ist Durchzug die einzige Chance auf
Kühlung.
Fast noch faszinierender finde ich allerdings,
dass die hintere Seite des Anhängers (dort, wo bei einem Bus der Motor
wäre) eine komplett ausgestattete Küche, inklusive zwei Kühlschränken
und mindestens drei riesigen Töpfen sowie allem, was man sonst so
in einer Großküche braucht, beherbergt! Die dazugehörigen
Nahrungsmittel befinden sich in den Ladeklappen des Busses. Diese große
Reisegesellschaft – die unter dem logischen Namen Rotel-Tours – das rollende
Hotel firmiert – scheint also komplett autark unterwegs sein zu können!
Auch wenn ich diese Art auf „Safari“ zu gehen
schon etwas sonderbar finde und mir auf den ersten Blick nur schwer vorstellen
kann, selbst mal so durch die Kalahari zu reisen, kommen in mir doch jede
Menge warme Erinnerungen an die Drei ???-Tour hoch und plötzlich kann
ich mir eben doch vorstellen, genau so auf Pad zu gehen...
OK, die Drei ???-Tour war keine Safari,
aber viele wilde Dinge gab’s da schon zu sehen und zu erleben.
Nachdem unser Lager komplett ist, lassen
Heike und ich Daan und Ansgar im Campsite zurück und begeben uns auf
einen spätnachmittäglichen Game Drive entlang der Fisher’s Pan.
Schon bald, nachdem wir Namutoni verlassen
haben, sehen wir die ersten Springböcke und je weiter wir uns von
dem Camp entfernen, desto mehr und mehr Tiere sehen wir: Riesentrappen,
Gnus – viele davon mit Jungen – große und kleine Zebrafamilien, von
denen auch viele schon Junge dabei haben – eine Zebra-Mutter ist sogar
mit Zwillingen unterwegs, was vermutlich nur sehr, sehr selten passieren
dürfte – einen Schakal und jede Menge Springböcke.
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Nur relativ wenige Leute sind auf der Straße
unterwegs aber ein vor uns fahrendes Auto ist eines dieser fast rundum
verglasten Aussichtsfahrzeuge, das einer Gesellschaft, die sich Wild Dog
Safaris nennt, gehört. Wir wissen: So lange dieses Fahrzeug weiter
fährt können auch wir weiter fahren ohne etwas zu verpassen;
hält das Aussichtsfahrzeug allerdings an, könne auch wir davon
ausgehen, dass es etwas zu sehen gibt.
Und so folgen wir dem Fahrzeug am Rand der
Pfanne entlang. Nachdem wir vermutlich ungefähr die Hälfte der
Fisher’s Pan umrundet haben, verlassen wir das Ufer und fahren zu einem
etwas abseits der Pfanne gelegenen Wasserloch.
Und hier steht dann fast die komplette Bandbreite
des afrikanischen Wild Lifes: Zwei Elefanten, unzählige Springböcke
und Zebras, einige Gnus, ein Warzenschwein, einige Kudus und mehrere der
so wunderschön gezeichneten Oryx-Antilopen. Und das alle friedlich
neben- und miteinander!
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So sehr ich dieses Bild genieße, so
nachdenklich stimmt es mich gleichzeitig, denn hier wird mir noch einmal
mit aller Deutlichkeit vor Augen geführt, wir unendlich wertvoll (mir)
das Nyae Nyae Conservancy ist. Böse gesagt ist Etoscha doch nichts
anderes als ein großer Zoo!
Es gibt hier unendlich viele Tiere, die
alle durch die Wasserknappheit dieser Gegend dazu gezwungen ist, in der
Nähe eines der natürlichen oder künstlichen Wasserlöcher
entlang der Etoschapfanne zu bleiben.
Man braucht diese Wasserlöcher seinerzeit
also nur großräumig einzuzäunen und schon war der Open
Air Zoo fertig. Jetzt zahlt man brav seinen Eintritt um dann auf fest vorgeschriebenen
Wegen, die garantiert nicht nach dem Zufallsprinzip, sondern nach dem Prinzip
der größtmöglichen Tierdichte angelegt worden sind, durch
den Park zu fahren, die Tiersichtungen sind praktisch garantiert und man
kann nach einem Tag nach Hause fahren und behaupten, man hätte alle
wichtigen Tiere Afrikas in freier Wildbahn gesehen.
Naja...
Schlimmer noch: Da die Tiere nunmehr an Menschen
und vor allem an Autos gewöhnt sind, geht auch jeglicher gegenseitiger
Respekt verloren: Da stehen wir jetzt also keine 30 m von zwei „wilden“
afrikanischen Elefanten entfernt, von denen mindestens einer ein amtlicher
Bulle ist und brauchen keinerlei Angst zu haben oder auch nur das Auto
startklar zu halten...
Wir anders ist das doch im Nyae Nyae Conservanca!
Da fährt man tagelang durch die Gegend, ohne einen einzigen Elefanten
zu sehen. Wenn man dann aber einen sieht, ist man zwangsläufig gleich
mitten drin im Abenteuer, denn dort sind die Tiere nicht nur wirklich frei,
sondern auch wirklich wild! Dort ist kein Elefant an Menschen oder Autos
gewöhnt und über eine Entfernung von mehr als 100 m sollte man
diesen Riesen tunlichst gebührenden Respekt zollen!
Das Nyae Nyae Conservancy gehört den
Tieren Afrikas – der Mensch ist dort bestenfalls geduldet!
Übrigens sind die Elefanten von Khaudum
und Nyae Nyae genetisch bedingt einige der größten, die es auf
der Welt geben wird. Zumindest sind sie um einiges größer als
die beiden, denen wir jetzt hier in Etoscha gegenüber stehen. Nicht
umsonst waren die Stoßzähne des letzten (im September 2004)
erlegten Elefanten einige der größten und schwersten Trophäen,
die jemals gemessen und gewogen wurden.
Kurzum: Ich bin sehr froh, nach Etoscha
gekommen zu sein, da ich dadurch das, was mir im Nyae Nyae Conservancy
geboten worden ist, noch viel mehr zu schätzen weiß!
Im Jahre 2004 gibt es eben nicht mehr viele
Orte, an denen man so etwas erleben kann!
Heike und ich fahren zurück ins Namutoni-Camp.
Daan will gerne noch einmal „Swimmy“ gehen,
also springen Heike und ich mit ihm in den ziemlich dreckigen Pool (auf
dem Schild steht Wimming Pool!) und danach unter die Dusche.
Weil es schon recht spät ist und weil
wir vorhin ja shoppen waren, gibt es heute kalte Küche: Käsebrot
und Salat.
Danach bringt Heike Daan ins Bett und schläft
gleich mit ein. Heike und Ansgar hatte sich während des Essens über
irgendwas gestritten (ich habe nicht verstanden, worüber....?!?) und
so geht Ansgar auch bald ins Zelt.
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geht der Mond auf! |
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Ich schreibe erst eine Weile, aber weil es
noch früh ist, gehe ich noch mal für eine Halbe Stunde ab das
beleuchtete Wasserloch des Namutoni-Camps. Ich beobachte eine riesige Herde
Zebras (ca. 30 Tiere) beim Trinken und wunder mich über die sonderbaren
„Rufe“, die die männlichen Zebras ausstoßen um ihren Haren zusammen
zu rufen!
Als die Herde weg ist und nur noch ein einsamer
Schakal um das Wasserloch pirscht, gehe auch ich zurück zum Zelt,
schreibe noch eine Weile weiter und schlafe dann zum fernen Klang der Zebrarufe
ein.
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