DIENSTAG, 21. DEZEMBER 2004

Morgens ist es ungewöhnlich kühl und feucht. Heike möchte gerne früh los, deswegen stehen wir noch vor 6:00 Uhr auf. Es macht hier aber auch wirklich Sinn, die etwas kühleren Morgenstunden auszunutzen und nicht zu verschlafen.
Bis wir das Zelt zusammengelegt und alles verstaut, gefrühstückt und geduscht haben, ist es dann aber doch schon wieder 7:30 Uhr – vor allem das tägliche Zusammenpacken der Ausrüstung braucht eben doch so seine Zeit...
Naja, und dann muß Ansgar ja auch immer noch das Zelt ausfegen! Feger und Kehrblech haben sie nämlich – seit ich ihn vor zwei Jahren das letzte Mal gesehen haben – zu seinen beiden Lieblingswerkzeugen entwickelt und bei jeder sich bietenden Gelegenheit (häufig schon, wenn wir während des Tages nur eine kleine Pause machen), macht er sich an die nach Heike und meiner Meinung nach mitten in der Kalahari etwas schwachsinnige Sisyphusarbeit, den Roda, das Zelt oder gleich alles vom Sand zu befreien... J
Wir fahren Richtung Norden in das nur ca. 5 km entfernte Socana, der Wasserstelle, die dem Camp von Sikareti am nächsten liegt.
Man überlegt übrigens – so hatte uns Shivuto gestern abend erzählt – auch direkt in Sikareti eine Wasserstelle anzulegen, damit die Touristen es nicht so weit haben und die Tiere sozusagen direkt vor der Haustür beobachten können. Keiner von uns hält das für eine sehr gute Idee: Wo es hier eh schon so viele große, wilde und gefährliche Tiere gibt, sollte man doch versuchen, Menschen und Tiere zumindest nacht voneinander getrennt zu halten, oder?
Aber auch hier, an der Wasserstelle von Socana, sehen wir nicht ein einziges Gtier.

Weiter geht’s Richtung Westen einer Wasserstelle, die schlicht und ergreifend den Namen Omuramba, was übersetzt ja nichts weiter als „trockenes Flußbett“ heißt, trägt. Hier stehe eine Solarpumpe, die aber leider nicht läuft. Ohne eine Probe nehmen zu können, fahren wir weiter.
Hier in Khaudum sind Heike und vor allem Ansgar dabei, die Vegetation der Gegend aufzunehmen und ansatzweise zu kartographieren. Wir fahren relativ langsam über den Pad und halten in regelmäßigen Abständen – immer dann, wenn die Vegetation wechselt – an, um zu notieren, welche Büsche und Bäume rechts und links von uns wachsen. Eigentlich finde ist das nicht besonders spannend, aber wenn man sich da ein wenig reingeguckt hat, ist es gleich interessanter:
Obwohl man beim flüchtigen Hingucken meinen kann, dass in der ganzen nordwestlichen Kalahari die ganze Vegetation mehr oder weniger gleich aussehen würde, kann man beim näheren Hingucken feststellen, dass sich der Bewuchs schlagartig ändert, so bald sich auch der Boden ändert.
Ist der Boden hart und steinig, wachsen dort in der Mehrzahl dornige Sträucher mit kleinen Blättern, wie zum Beispiel Akazien. Wird der Boden sandiger und weicher werden auch die Blätter der Büsche „weicher“ und die Dornen verschwinden.
Die Erklärung dafür liegt allerdings nicht direkt im Aussehen des Bodens, sondern an seinem Nährstoffgehalt.
Außerdem lerne ich die hier in der Gegend geltende Definition eines Baumes: Ein Strauch wird nicht etwas durch eine bestimmte Größe oder Höhe oder durch die Art seines Stammes zu einem Baum, sondern durch die Tatsache, dass er genug Schatten spendet, um sich darunter verkriechen zu können. Jeder Schatten spendende Busch ist hier also ein Baum! :)
 

Die Reparatur der kaputten Pumpe:
Mit Sisalseil, Trinkflasche und Wasserbecher
Mittagspause an der Elandsvlakte

Schließlich gelangen wir an eine weitere Wasserstelle des Kkaudum Nationalparks: Die Elandsvlakte.
Auch hier gibt es eine Solarpumpe und auch hier funktioniert sie nicht. Wenn man sie sich aus der Nähe anguckt, kann man aber hören, dass sie sehr wohl läuft, sie fördert aus irgendwelchen Gründen nur kein Wasser zu Tage. Ein Blick unter das die Pumpe schützende Faß bringt des Rätsels Lösung: Der Keilriemen ist gerissen!
Na, das sollte sich doch in den Griff bekommen lassen, oder?
Nach einigem Probieren haben wir eine Lösung gefunden: Eine Sisalschnur, die wir dabei haben, mehrmals um die beiden Schwungräder gewickelt ersetzt den Keilriemen, meine metallene Trinkflasche dient als Spanner, und langsam auf das Seil tropfende Wasser als Schmierung, damit die Konstruktion nicht zu heiß läuft! Meine Trinkflasche leidet bei dieser Aktion ganz beachtlich und bekommt tiefe Kratz- und Scheuerspuren, die ich aber ziemlich cool finden, denn die Geschichte, die sich dahinter verbirgt, ist gut!
Nur leider stimmt mit dem Wasser, das wir auf diese Weise hochpumpen irgend etwas nicht: Es ist voller kleiner schwarzer Stückchen und stinkt! So lange wir auch pumpen, das Wasser wird und wird nicht besser... Schließlich langet eine kleine schwarze Feder in unserer Auffangschüssel und liefert so die erschreckende Erklärung: Im Bohrloch muß mindestens ein toter Vogel liegen! Das ist schon ganz schön eklig!! Nach ein bißchen gucken und suchen finden wir auch heraus, wie der Vogel (oder was da sonst noch alles drin sein mag) in das Bohrloch gekommen ist: Von der Seite aus ist das Loch nämlich nicht verschlossen und so können ale möglichen kleinen Tiere auf der Suche nach Wasser in das Loch gefallen und dort verendet sein. Das ist schlimm!!! Denn vermutlich ist das Loch seit dem es gebohrt worden ist, so unverschlossen. Und das bedeutet, dass hier möglicherweise seit Jahren durch Aas verseuchtes Wasser in die Tränke geflossen ist und dort sein Unheil angerichtet hat... keiner von uns kann sagen, wie viel Schaden die Tiere durch so verseuchtes Wasser nehmen können (oder ob sie schlau genug sind, es gar nicht erst zu trinken), aber das so etwas schlimm und fahrlässig ist, ist auf jeden Fall klar!
Wenn wir wieder in Tsumkwe sind, werden Heike und Ansgar über diese Erkenntnis Mitteilung an Dries Albrechts, den für den Khaudum Nationalpark und das Nyae Nyae Conservancy zuständigen Ranger erstatten.
Interessanterweise hatten sie von eben diesem Dries nämlich auch schon die Information bekommen, dass die Elandsvlakte zu den unbeliebtesten und von den Tieren am wenigsten frequentierten Wasserstellen Khaudums gehört. Ich vermute mal, dass wir den Grund dafür gefunden haben!
 

Weil Ansgar noch ein paar Sträucher bestimmen will, machen wir unter einem großen, Schatten spendenden Baum (dieser Baum ist wirklich ein Baum!) eine ausgiebige Mittagspause.

Gegen 12:00 Uhr brechen wir wieder auf und fahren auf einem anderem Weg als der, den wir gekommen sind, zurück in Richtung Socana und Sikereti. Auch hier ist die Landschaft total schön, wenn auch völlig anders als die, die wir in den letzten Tagen meistens gesehen haben: Hohe Bäume stehen über hohem, gold-gelben Gras, das von einzelnen frisch-grünen Büschen durchbrochen ist.
Ab und an hüpft ein Steenbock vor uns her, einmal scheuchen wir in einiger Entfernung drei oder vier Roan Antilopen vor uns auf. Ansonsten haben wir weiterhin kein wirkliches Glück mit Tieren.

Wir fahren bis an den Eingang des Parks, wo wir eigentlich noch für unsere letzte Übernachtung bezahlen wollen, aber man gibt uns durch die Blume zu verstehen, dass wir nicht unbedingt bezahlen müssen. Es kann aber auch sein, dass Shivuto das Survey &Research Permit, das Ansgar dabei hat und auch dem auch Heike und ich namentlich eingetragen sind, falsch verstanden hat: Das Permit gewährt uns nämlich für Khaudum und das Nyae Nyae Conservancy freien Eintritt. Normalerweise kostet der Khaudum Nationalpark pro Person und Tag ca. N$ 20,-, für das Nyae Nyae Conservancy zahlt man pro Person nur einmalig N$ 20,- - egal, wie lange man bleibt. Von kostenloses Übernachtungen ist auf dem Permit allerdings nicht die Rede – aber vielleicht hat das Shivuto nicht durchschaut...
 

Die Wasserstelle "Omuramba" im Khaudum Nationalpark
Nach dem Regen bricht das frische Grün durch den knochentrockenen, steinharten Boden

Auf dem Rückweg wollen wir eigentlich noch den Dorslandboom – den angeblich mit Abstand größten Baobab der Gegend angucken, aber der Versuch scheitert. Der Pad, der dort hinführt – und wir sind uns noch nicht mal sicher, dass es der richtige Pad ist – ist zu wellig und schlecht und wir würden Stunden brauchen. Darauf haben wir alle, nachdem wir eh schon wieder fast den ganzen Tag im Auto gesessen haben, keine Lust mehr.
Dass wir den Dorslandboom nicht sehen ist allerdings schon etwas schade, denn der Baum hat eine spannende Geschichte: Es heißt, dass sein hohler Stamm in Kriegzeiten teilweise als ein bis zu 20 Personen fassendes Gefängnis genutzt wurde...
Nach nur ca. 1 km auf dem welligen und uns alle ganz fürchterlich durchschüttelnden Pad geben wir auf, drehen um und fahren weiter Richtung Klein Dobe, wo wir heute nacht noch mal bei Robin übernachten werden.
Und jetzt geht dann doch mal ein richtiger Kalahari-Regeneit-Regen über uns – oder viel mehr auf uns – nieder! Wir sehen die Blitze über den bleigrauen Himmel zucken und würden sicher auch den dazugehörigen Donner hören – wenn der Roda nicht so laut wäre!
Nach kurzer Zeit stehen die ersten großen, riefen Pfützen auf der Pad und Ansgar nimmt ordentlich Schwung um spritzend durch sie hindurch zu fahren! Naß werden wir trotzdem, denn der Roda ist par tout nicht dicht und das Regenwasser sucht sich durch alle möglichen Ritzen und Löcher seinen Weg ins Innere des Wagens, wo wir es teilweise mit Daans kleinen Sandeimern aufzufangen versuchen.
 

 Die Ein-, bzw. Ausfahrt des Khaudum Nationalparks
Es fängt gleich mal wieder an zu regnen

Je weiter wir nach Süden fahren, desto weniger hat es dort geregnet – als wir schließlich in Klein Dobe ankommen, ist die Erde dort knochentrocken. So lokal ist das eben mit dem Regen in der Wüste!
Allerdings sind die dunklen Wollen noch ganz in der Nähe zu sehen, so dass wir das große Zelt ganz schnell aufbauen – langsam haben wir den Trick, wie dieses widerspenstige Zelt am besten aufzubauen ist, eh raus.
Da es noch relativ früh ist, haben wir den Rest des Nachmittags für alles mögliche Zeit: Heike badet Daan in der Abwaschschüssel, ich wasche für uns alle einen großen Berg Wäsche und Ansgar kümmert sich um das Auto, was ihm – wie er immer wieder betont – eigentlich gar keinen Spaß macht, sondern einfach nur notwenig ist, und fegt mal wieder ein bißchen.

Mit dem Essen (Nudeln mit Thunfisch und vielen Zwiebeln) wird es dann aber doch wieder ziemlich spät, denn wenn man Zeit hat, läßt man sich auch Zeit!
Ansgar und ich finden das weniger schlimm, aber Heike und Daan sind schon halb verhungert, als das Essen endlich fertig ist. Robin hat heute nachmittag schon groß gegessen und scheidet auf.
Nach dem Essen sitzen wir noch eine kleine Weile nett zusammen, bevor wir auch heute wieder gegen Farmer’s Midnight – 21:00 Uhr – ins Bett geht!
 

zurück oder weiter im Text