Morgens ist es ungewöhnlich kühl
und feucht. Heike möchte gerne früh los, deswegen stehen wir
noch vor 6:00 Uhr auf. Es macht hier aber auch wirklich Sinn, die etwas
kühleren Morgenstunden auszunutzen und nicht zu verschlafen.
Bis wir das Zelt zusammengelegt und alles
verstaut, gefrühstückt und geduscht haben, ist es dann aber doch
schon wieder 7:30 Uhr – vor allem das tägliche Zusammenpacken der
Ausrüstung braucht eben doch so seine Zeit...
Naja, und dann muß Ansgar ja auch
immer noch das Zelt ausfegen! Feger und Kehrblech haben sie nämlich
– seit ich ihn vor zwei Jahren das letzte Mal gesehen haben – zu seinen
beiden Lieblingswerkzeugen entwickelt und bei jeder sich bietenden Gelegenheit
(häufig schon, wenn wir während des Tages nur eine kleine Pause
machen), macht er sich an die nach Heike und meiner Meinung nach mitten
in der Kalahari etwas schwachsinnige Sisyphusarbeit, den Roda, das Zelt
oder gleich alles vom Sand zu befreien... J
Wir fahren Richtung Norden in das nur ca.
5 km entfernte Socana, der Wasserstelle, die dem Camp von Sikareti am nächsten
liegt.
Man überlegt übrigens – so hatte
uns Shivuto gestern abend erzählt – auch direkt in Sikareti eine Wasserstelle
anzulegen, damit die Touristen es nicht so weit haben und die Tiere sozusagen
direkt vor der Haustür beobachten können. Keiner von uns hält
das für eine sehr gute Idee: Wo es hier eh schon so viele große,
wilde und gefährliche Tiere gibt, sollte man doch versuchen, Menschen
und Tiere zumindest nacht voneinander getrennt zu halten, oder?
Aber auch hier, an der Wasserstelle von
Socana, sehen wir nicht ein einziges Gtier.
Weiter geht’s Richtung Westen einer Wasserstelle,
die schlicht und ergreifend den Namen Omuramba, was übersetzt ja nichts
weiter als „trockenes Flußbett“ heißt, trägt. Hier stehe
eine Solarpumpe, die aber leider nicht läuft. Ohne eine Probe nehmen
zu können, fahren wir weiter.
Hier in Khaudum sind Heike und vor allem
Ansgar dabei, die Vegetation der Gegend aufzunehmen und ansatzweise zu
kartographieren. Wir fahren relativ langsam über den Pad und halten
in regelmäßigen Abständen – immer dann, wenn die Vegetation
wechselt – an, um zu notieren, welche Büsche und Bäume rechts
und links von uns wachsen. Eigentlich finde ist das nicht besonders spannend,
aber wenn man sich da ein wenig reingeguckt hat, ist es gleich interessanter:
Obwohl man beim flüchtigen Hingucken
meinen kann, dass in der ganzen nordwestlichen Kalahari die ganze Vegetation
mehr oder weniger gleich aussehen würde, kann man beim näheren
Hingucken feststellen, dass sich der Bewuchs schlagartig ändert, so
bald sich auch der Boden ändert.
Ist der Boden hart und steinig, wachsen
dort in der Mehrzahl dornige Sträucher mit kleinen Blättern,
wie zum Beispiel Akazien. Wird der Boden sandiger und weicher werden auch
die Blätter der Büsche „weicher“ und die Dornen verschwinden.
Die Erklärung dafür liegt allerdings
nicht direkt im Aussehen des Bodens, sondern an seinem Nährstoffgehalt.
Außerdem lerne ich die hier in der
Gegend geltende Definition eines Baumes: Ein Strauch wird nicht etwas durch
eine bestimmte Größe oder Höhe oder durch die Art seines
Stammes zu einem Baum, sondern durch die Tatsache, dass er genug Schatten
spendet, um sich darunter verkriechen zu können. Jeder Schatten spendende
Busch ist hier also ein Baum! :)
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Schließlich gelangen wir an eine weitere
Wasserstelle des Kkaudum Nationalparks: Die Elandsvlakte.
Auch hier gibt es eine Solarpumpe und auch
hier funktioniert sie nicht. Wenn man sie sich aus der Nähe anguckt,
kann man aber hören, dass sie sehr wohl läuft, sie fördert
aus irgendwelchen Gründen nur kein Wasser zu Tage. Ein Blick unter
das die Pumpe schützende Faß bringt des Rätsels Lösung:
Der Keilriemen ist gerissen!
Na, das sollte sich doch in den Griff bekommen
lassen, oder?
Nach einigem Probieren haben wir eine Lösung
gefunden: Eine Sisalschnur, die wir dabei haben, mehrmals um die beiden
Schwungräder gewickelt ersetzt den Keilriemen, meine metallene Trinkflasche
dient als Spanner, und langsam auf das Seil tropfende Wasser als Schmierung,
damit die Konstruktion nicht zu heiß läuft! Meine Trinkflasche
leidet bei dieser Aktion ganz beachtlich und bekommt tiefe Kratz- und Scheuerspuren,
die ich aber ziemlich cool finden, denn die Geschichte, die sich dahinter
verbirgt, ist gut!
Nur leider stimmt mit dem Wasser, das wir
auf diese Weise hochpumpen irgend etwas nicht: Es ist voller kleiner schwarzer
Stückchen und stinkt! So lange wir auch pumpen, das Wasser wird und
wird nicht besser... Schließlich langet eine kleine schwarze Feder
in unserer Auffangschüssel und liefert so die erschreckende Erklärung:
Im Bohrloch muß mindestens ein toter Vogel liegen! Das ist schon
ganz schön eklig!! Nach ein bißchen gucken und suchen finden
wir auch heraus, wie der Vogel (oder was da sonst noch alles drin sein
mag) in das Bohrloch gekommen ist: Von der Seite aus ist das Loch nämlich
nicht verschlossen und so können ale möglichen kleinen Tiere
auf der Suche nach Wasser in das Loch gefallen und dort verendet sein.
Das ist schlimm!!! Denn vermutlich ist das Loch seit dem es gebohrt worden
ist, so unverschlossen. Und das bedeutet, dass hier möglicherweise
seit Jahren durch Aas verseuchtes Wasser in die Tränke geflossen ist
und dort sein Unheil angerichtet hat... keiner von uns kann sagen, wie
viel Schaden die Tiere durch so verseuchtes Wasser nehmen können (oder
ob sie schlau genug sind, es gar nicht erst zu trinken), aber das so etwas
schlimm und fahrlässig ist, ist auf jeden Fall klar!
Wenn wir wieder in Tsumkwe sind, werden
Heike und Ansgar über diese Erkenntnis Mitteilung an Dries Albrechts,
den für den Khaudum Nationalpark und das Nyae Nyae Conservancy zuständigen
Ranger erstatten.
Interessanterweise hatten sie von eben diesem
Dries nämlich auch schon die Information bekommen, dass die Elandsvlakte
zu den unbeliebtesten und von den Tieren am wenigsten frequentierten Wasserstellen
Khaudums gehört. Ich vermute mal, dass wir den Grund dafür gefunden
haben!
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Weil Ansgar noch ein paar Sträucher bestimmen will, machen wir unter einem großen, Schatten spendenden Baum (dieser Baum ist wirklich ein Baum!) eine ausgiebige Mittagspause. |
Gegen 12:00 Uhr brechen wir wieder auf und
fahren auf einem anderem Weg als der, den wir gekommen sind, zurück
in Richtung Socana und Sikereti. Auch hier ist die Landschaft total schön,
wenn auch völlig anders als die, die wir in den letzten Tagen meistens
gesehen haben: Hohe Bäume stehen über hohem, gold-gelben Gras,
das von einzelnen frisch-grünen Büschen durchbrochen ist.
Ab und an hüpft ein Steenbock vor uns
her, einmal scheuchen wir in einiger Entfernung drei oder vier Roan Antilopen
vor uns auf. Ansonsten haben wir weiterhin kein wirkliches Glück mit
Tieren.
Wir fahren bis an den Eingang des Parks,
wo wir eigentlich noch für unsere letzte Übernachtung bezahlen
wollen, aber man gibt uns durch die Blume zu verstehen, dass wir nicht
unbedingt bezahlen müssen. Es kann aber auch sein, dass Shivuto das
Survey &Research Permit, das Ansgar dabei hat und auch dem auch Heike
und ich namentlich eingetragen sind, falsch verstanden hat: Das Permit
gewährt uns nämlich für Khaudum und das Nyae Nyae Conservancy
freien Eintritt. Normalerweise kostet der Khaudum Nationalpark pro Person
und Tag ca. N$ 20,-, für das Nyae Nyae Conservancy zahlt man pro Person
nur einmalig N$ 20,- - egal, wie lange man bleibt. Von kostenloses Übernachtungen
ist auf dem Permit allerdings nicht die Rede – aber vielleicht hat das
Shivuto nicht durchschaut...
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Auf dem Rückweg wollen wir eigentlich
noch den Dorslandboom – den angeblich mit Abstand größten Baobab
der Gegend angucken, aber der Versuch scheitert. Der Pad, der dort hinführt
– und wir sind uns noch nicht mal sicher, dass es der richtige Pad ist
– ist zu wellig und schlecht und wir würden Stunden brauchen. Darauf
haben wir alle, nachdem wir eh schon wieder fast den ganzen Tag im Auto
gesessen haben, keine Lust mehr.
Dass wir den Dorslandboom nicht sehen ist
allerdings schon etwas schade, denn der Baum hat eine spannende Geschichte:
Es heißt, dass sein hohler Stamm in Kriegzeiten teilweise als ein
bis zu 20 Personen fassendes Gefängnis genutzt wurde...
Nach nur ca. 1 km auf dem welligen und uns
alle ganz fürchterlich durchschüttelnden Pad geben wir auf, drehen
um und fahren weiter Richtung Klein Dobe, wo wir heute nacht noch mal bei
Robin übernachten werden.
Und jetzt geht dann doch mal ein richtiger
Kalahari-Regeneit-Regen über uns – oder viel mehr auf uns – nieder!
Wir sehen die Blitze über den bleigrauen Himmel zucken und würden
sicher auch den dazugehörigen Donner hören – wenn der Roda nicht
so laut wäre!
Nach kurzer Zeit stehen die ersten großen,
riefen Pfützen auf der Pad und Ansgar nimmt ordentlich Schwung um
spritzend durch sie hindurch zu fahren! Naß werden wir trotzdem,
denn der Roda ist par tout nicht dicht und das Regenwasser sucht sich durch
alle möglichen Ritzen und Löcher seinen Weg ins Innere des Wagens,
wo wir es teilweise mit Daans kleinen Sandeimern aufzufangen versuchen.
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Je weiter wir nach Süden fahren, desto
weniger hat es dort geregnet – als wir schließlich in Klein Dobe
ankommen, ist die Erde dort knochentrocken. So lokal ist das eben mit dem
Regen in der Wüste!
Allerdings sind die dunklen Wollen noch
ganz in der Nähe zu sehen, so dass wir das große Zelt ganz schnell
aufbauen – langsam haben wir den Trick, wie dieses widerspenstige Zelt
am besten aufzubauen ist, eh raus.
Da es noch relativ früh ist, haben
wir den Rest des Nachmittags für alles mögliche Zeit: Heike badet
Daan in der Abwaschschüssel, ich wasche für uns alle einen großen
Berg Wäsche und Ansgar kümmert sich um das Auto, was ihm – wie
er immer wieder betont – eigentlich gar keinen Spaß macht, sondern
einfach nur notwenig ist, und fegt mal wieder ein bißchen.
Mit dem Essen (Nudeln mit Thunfisch und vielen
Zwiebeln) wird es dann aber doch wieder ziemlich spät, denn wenn man
Zeit hat, läßt man sich auch Zeit!
Ansgar und ich finden das weniger schlimm,
aber Heike und Daan sind schon halb verhungert, als das Essen endlich fertig
ist. Robin hat heute nachmittag schon groß gegessen und scheidet
auf.
Nach dem Essen sitzen wir noch eine kleine
Weile nett zusammen, bevor wir auch heute wieder gegen Farmer’s Midnight
– 21:00 Uhr – ins Bett geht!
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