Obwohl ich so spät schlafen gegangen bin, bin ich um 6:00 Uhr wach und verbringe erst mal eine komplette Stunde mit Schreiben. Wir haben gestern aber auch so viel Spannendes erfahren! Gegen 7:00 Uhr sind alle wach, wir stehen auf und Robin kocht einen echten Kaffee! Lecker!
Seine beiden Buschmann-Gehilfen kommen vorbei und fragen sehr unaufdringlich, ob sie heute arbeiten müssen oder ob sie gleich nachdem sie sich eine Flasche Öl haben geben lassen, wieder zu ihren Familien zurückgehen können. Beide Buschmänner glitzern im ganzen Gesicht und Robin weiß, warum: Er hat gestern eine Hautcreme gekauft, die heute nacht im Dorf die Runde gemacht hat! Aus unerklärlichen Gründen ist die Creme voll kleiner Glitzersterne, so daß die beiden Jungs jetzt verflixt schwul aussehen! J Robin und ich warnen sie davor und die beiden lachen herzlich.
Da wir heute nicht sehr viel vorhaben, lassen
wir uns mit dem Aufbruch sehr viel Zeit.
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Robin erzählt uns noch viel interessantes,
zeigt uns einen Giraffenschwanz, den er einer im Busch verrottenden Giraffe
abgeschnitten hat und drei Leoparden- und ein Löwenfell von Problemtieren,
die hier in der Gegend getötet werden mußten. Zumindest das
Löwenfell ist allerdings schon etwas älter, denn hier in der
Gegend hat es schon seit etlichen Jahren keine Löwen mehr gegeben.
Das wundert mich in sofern, als daß Khaudum ja nur wenige Kilometer
entfernt ist, keine Zäune dafür aber jede Menge Löwen hat...
Überhaupt hat Robin in den letzten
10 Tagen hier in der Gegend kaum Tiere gesehen. Seit es geregnet hat und
überall im Busch Wasser steht, kommen die Tiere nicht mehr an die
sonst von ihnen frequentierten Wasserstellen. Warum auch?
Gegen 11:30 Uhr fahren wir los. Auf dem Weg
nach Tsumkwe halten wir zwei mal an Wasserstellen (eine davon ist eine
Pfanne, die andere eine Quelle), wo Heike jeweils aussteigt, fotografiert,
die GPS-Daten notiert und die elektrische Leitfähigkeit des Wassers,
die Aussagen über die im Wasser gelöste Menge an Mineralstoffen
gibt, mißt.
Wir fahren auf dem anderen, von Klein Dobe
aus noch direkter nach Tsumkwe führenden Pad an Tsumkwe vorbei und
quer über den Flughafen. Die zwei im Kreuz verlaufenden Landebahnen
des Flughafens sind lang und breit genug, als daß ein Jumbo darauf
landen könnte – vorausgesetzt er zerschellt nicht an einem der täglich
neu auf der Landebahn auftauchenden Termitenbauten! Wir sind uns nicht
ganz sicher, aber möglicherweise müssen die Landebahnen diese
Dimensionen haben, um als Notlandeplatz die scheinbar in gewissen Abständen
voneinander vorgeschrieben sind, fungieren zu können.
Wir fahren durch das Buffalo Camp und treffen
am Zaun auf der anderen Seite einen gewissen Chris, der für den WWF
arbeitet und an der Planung des neuen Buffalo Camps und dessen Wasserversorgung
beteiligt ist. Robin hatte schon erzählt, daß er heute hier
in der Gegend sein würde.
Mittags um 13:00 Uhr und bei unglaublichen
38,6° C im nicht vorhandenen Schatten (sprich: unter dem Auto!) halten
wir hier eine geschlagene Stunde, während Robin, Daan und ich „zuhören“
wie Chris, Heike und Ansgar die örtliche Geographie diskutieren.
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Schon ziemlich bald kann ich es in der Sonne nicht mehr aushalten, verkrieche mich im Roda und schreibe. Auch Daan und Robin flüchten vor der Hitze ins Auto. Chris hat von der Beschaffenheit und eigentlich auch von der Farbe her die Haut eines alten Elefanten und scheint gegen Hitze und Sonne vollkommen immun zu sein. Wir er, Heike und Ansgar es aushalten, bei dieser Hitze eine Stunde lang in der Sonne zu stehen, ist mir ein blankes Rätsel...
Endlich geht es weiter. Allerdings fahren wir keine 5 km bis wir das Bohrgebiet erreicht haben und gleich wieder anhalten. Wieder wird Heikes feinmaßstäbiges Satellitenbild zu Rate gezogen und die nächsten 2 ½ Stunden werden mit weiteren Diskussionen und Beratungen verbracht. Weil diese Unterhaltungen für mich einfach zu fachlich sind, flüchte ich erneut zum Schreiben in den Schatten. Wie gut, daß Robin so viel spannendes erzählt hat, daß ich jede Menge aufzuschreiben habe!
Zum Beispiel, daß die Familien von Slange und Kal seit deren Engagement als Robins Fährtenleser sprunghaft gewachsen sind. Buschmänner leben auch heute noch in großen, engen aber teilweise recht weit verteilten Familien-Clans und wenn ein Familienmitglied plötzlich zu Geld kommt oder gar ein regelmäßiges Einkommen hat, spricht sich das schnell rum und lockt eine Menge Verwandtschaft an.
Oder über die nach wie vor im Nyae Nyae Conservancy geltenden Regeln für die Großwildjagd („trophy hunting“), die meiner Meinung nach ziemlich fair und vertretbar sind und die nach wie vor nach der „walk & stalk“-Methode betrieben werden: Der Jäger hat 12 Tage Zeit und darf ausschließlich zu Fuß auf die Jagd gehen, wobei er seine komplette Ausrüstung selbst mit sich rumschleppen muß.
Oder über seinen „Arbeitsalltag“, den er mit Hilfe von Slange und Kal auf der Such nach (den Spuren von) Wildhunden verbringt. Meistens sind sie mit Robins Wagen unterwegs, wobei mindestens einer der beiden Buschmänner auf dem Bullenfänger des Wagens sitzt (wo demnächst auch ein richtiger Sitz installiert werden wird) und von dort aus nach Spuren sucht. Aber auch zu Fuß sind die drei oft stundenlang unterwegs. Das frustrierende ist, daß ihre Suche gerade in den letzten Wochen sehr wenig Erfolg gebracht hat. Vermutlich sind auch die Hunde nach dem Regen noch tiefer im Busch verschwunden...
Irgendwann fahren wir dann doch endlich weiter.
Allerdings wird es noch eine weitere Station geben: Die Stelle, an der
eine der vorherigen Bohrungen fehlgeschlagen und lediglich ein maximaler
Wasserdruck von 0,5 m³ pro Stunde gefunden wurde.
Selbst die genügsamen Büffel brauchen
pro Tag ca. 30 – 40 l. Bei einer Herde von ca. 100 Tieren sind das ja schon
300 – 400 Liter pro Tag. Wenn dann auch noch andere gefährdete Tierarten,
wie die Road Antilopen oder schwarze Nashörner folgen sollen, wird
logischerweise noch mehr Wasser gebraucht. Mit einer einzigen Pumpe würde
man also vielleicht gerade mal so hinkommen – aber das auch nur, wenn diese
Pumpe rund um die Uhr laufen würde. Fällt sie einmal aus oder
muß sie gewartet werden, wäre Buffalo Camp in Not. Daher der
Versuch, mehrere Bohrlöcher zu drillen. Und wir sind jetzt auf dem
Weg zu der zweiten Bohrstelle.
Eine halbe Ewigkeit fahren wir über
breite aber teilweise sehr schlechte Pads, die nur äußerst grob
und dürftig von Büschen, die hier einst gestanden haben, befreit
worden sind. Überall gucken noch Äste und vor allem Wurzeln aus
dem Boden und Ansgar muß aufpassen, daß er sich an deren scharfen
Kanten nicht die Reifen aufschlitzt.
Am Bohrloch angekommen vergeht noch einmal eine knappe ½ Stunde, in der sich Heike und Ansgar den aus diesem Bohrloch zu Tage geförderten Bohrkern angucken. Für die beiden und vor allem für Ansgar muß das extrem spannend sein: Dieses Bohrloch ist bis auf eine Tiefe von 110 m voran getrieben worden und er hat jetzt die Chance aus dieser Tiefe kommendes Gestein mit eigenen Augen zu betrachten und zu „überprüfen“, ob die Informationen, die er über den Untergrund der Kalahari in Büchern gefunden hat, korrekt sind. Wir hatte Robin heute morgen so treffend gesagt? „The Kalahari – that’s some spectacular geology well hidden by the thickest layer of sand!“
Um noch genauer erkennen zu können,
was für (Ge-)Stein er in den Händen halt, und in Ermangelung
eines Mikroskops oder einer Lupe, behilft er sich übrigens mit seinem
verkehrt herum eingesetzten Fernglas!
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Schließlich ist auch hier genug angeguckt
worden. Mittlerweile ist es 17:00 Uhr, als wir endlich („endlich“ deswegen,
weil dieser Tag für mich wirklich nicht sooo spannend war) den Rückweg
antreten. Wir fahren nach Tsumkwe, wo Savanna II – einer der beiden Lebensmittelläden,
die es hier gibt – noch geöffnet hat und wir für das Abendessen
einige Biere einkaufen. Außerdem hat Robin auf dem Hinweg in einem
Buschmanndorf, an dem wir vorbei gefahren sind, noch den Auftrag zum Tabak
mitbringen angenommen. Also kauft er zwei Päckchen, die wir etwas
später an gewünschter Stelle abliefern.
Gegen 18:00 Uhr erreichen wir Klein Dobe.
Es regnet gerade mal wieder ein paar Tropfen,
aber wie eigentlich immer in den letzten Tagen ist es zu wenig, als daß
es irgendwie erwähnenswert wäre.
Zum Abendessen – mon dieu, haben wir alle
Hunger! – gibt es die Reste von gestern. Dem Fleisch gegenüber sind
wir alle etwas skeptisch, denn abgesehen von seiner eh schon leicht dubiosen
Herkunft hat es gestern doch ziemlich lange in der Hitze gestanden... Mit
von Heike gemessenen „nur“ 17° C war diese Nacht zugegeben relativ
kühl, aber Kühlschranktemperatur ist eben schon noch etwas anderes...
Also muß das Fleisch heute definitiv well done sein und vielleicht
müssen wir Europäer auch einfach etwas weniger anstellig sein.
Robin erzählt uns, daß seine beiden Buschmänner letzte
Woche ein totes Kudu gefunden hatten, und – obwohl sie nicht erkennen konnten,
woran es gestorben war und sich alle sicher waren, daß es schon mehrere
Tage im Busch gelegen hatte – hatten sie es zum Essen mit nach Hause genommen!
Mit dem Stew von gestern gibt es auch eine
kleine Krise: Er ist nämlich weg! Eine der Buschmannfrauen ist von
Robin angestellt worden, sich um seine Wäsche zu kümmern und
sein Geschirr zu spülen und jetzt ist nicht nur alles Geschirr gespült
worden, sondern auch der Pojikie, in dem der Stew war.
Nach kurzem Nachfragen findet er sich dann
aber doch wieder an – er ist lediglich in einen anderen Topf umgefüllt
worden.
Wir verschlingen unser Abendessen und Heike und Ansgar bringen Daan ins Bett, wobei sie scheint so müde werden, daß sie gar nicht mehr wieder kommen, sondern gleich mit einschlafen. Robin und ich sitzen noch ca. eine Stunde am Feuer und reden über ditt und datt, bis – gegen 22:00 Uhr – auch wir müde sind und ins Bett gehen.
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