Obwohl ich so müde bin, schlafe ich
die erste Nacht in Namibia nicht sehr gut.
Ich fürchte, ich bin einfach zu müde...
Außerdem ist es (zu) heiß und durch die extrem trockene Luft
sind meine Schleimhäute ausgetrocknet und ich kriege nur schlecht
Luft. Trotzdem bin ich gegen 7:00 Uhr, als alle sich zu regen beginnen,
einigermaßen wach.
Zum Frühstück gibt es die Rest
von gestern: Einen widerspenstigen Rindfleisch-Reis-Eintopf, der gestern
einfach nicht rechtzeitig gar werden wollte!
Ich versuche, mich zu organisieren und so
umzupacken, dass ich während der nächsten Tage und Wochen nicht
ständig nach allem suchen muß.
Da heute eh noch einige Erledigungen in
Grootfontein anstehen, haben wir es nicht so eilig und wir verlassen den
Campingplatz (N$ 9,35 = € 1,50 pro Person) gegen 9:00 Uhr (was in
Namibia, wo die meisten Menschen mit der Sonne – sprich irgendwann zwischen
5:00 Uhr und 6:00 Uhr – aufstehen, schon „mitten am Vormittag“ ist!).
In Grootfontein kaut Heike noch einige Lebensmittel
ein, Ansgar besorgt in einer Werkstatt ein fehlendes und bestelltes Teil
für den großen dunkelgrünen 16 Jahre alten Landrover, den
Heike und Ansgar sich in Johannesburg gekauft haben.
Wir kaufen Bier und Wein, Steaks (für
heute abend – länger als einen Tag würde sich das Fleisch in
dieser Hitze niemals halten; nicht mal in einer Kühltasche!) und Biltong
(Trockenfleisch), holen Geld von der Bank und kaufen zwei Werkzeuge für
einen gewissen Robin, von dem Heike und Ansgar sich Benzin geliehen hatten.
Das Auto verbraucht nämlich wesentlich
mehr Benzin als erwartet und berechnet und so ist ihnen während ihrer
knapp 2-wöchigen Tour, die sie schon hinter sich haben, mitten im
Khaudum Nationalpark das Benzin ausgegangen. Sie hatten großes Glück,
denn relativ schnell kam jemand vorbei, der ihnen zumindest mit 20 l, mit
denen sie zumindest bei Tsumkwe fahren konnten, aushelfen konnte. Aber
das war natürlich nicht annähernd genug, um damit auch die 350
km nach Grootfontein zu schaffen. Das Problem ist nur, dass es in Tsumkwe
keine Tankstelle und niemanden der Benzin verkauft gibt... Irgendwann muß
es dort mal eine Tankstelle gegeben haben, denn die Zapfsäulen stehen
noch dort, aber schon als ich vor vier Jahren das erste Mal in Tsumkwe
war, gab es diese Tankstelle nicht mehr.
Das Problem ist, dass die in Namibia mit
Benzin handelnden Firmen von jeder Tankstelle eine jährliche Mindestabnahmemenge
(von 80.000 l, glaube ich) verlangen, und so eine Menge ist in einem Ort
wie Tsumkwe völlig illusorisch.
Und jetzt ist die nächste Tankstelle
also mal eben 350 km entfernt... (was so ist, als müßte man,
wenn man in Hamburg wohnt, zum Tanken bis hinter Berlin fahren!)
Eine Weile gab es in Tsumkwe die Möglichkeit,
Benzin zu bestellen. Das wurde dann Freitags mit dem aus Grootfontein kommenden
„Linienbus“ mitgebracht – aber seit dieser Bus eingestellt worden ist,
sieht es in Tsumkwe mit Benzin noch schwärzer aus.
Heike und Ansgar hatten also richtig großes Glück gehabt, als sie den englischen Karnivoren-Biologen Robin kennenlernte, der für 1 ½ Jahre nördlich von Tsumkwe im Busch lebt und sich dort um die Erforschung der Wild-Hunde kümmert. Er hat sich dort ein sehr professionelles Lager eingerichtet und war in der Lage, Heike und Ansgar die für die Rückfahrt nach Grootfontein benötigten 80 l zu leihen.
Jetzt haben wir ein 180 l-Fass im Kofferraum und Ansgar hat gestern insgesamt 432 l Benzin getankt und sich damit einen Platz in der best customer of the month-Liste der Tankstelle gesichert! J Unser Auto hat drei Tanks: Zwei davon hinten, die gemeinsam ca. 100 l fassen, und einen weitere, ca. 70 l fassenden Tank unter dem Fahrersitz. Außerdem haben wir auf dem Dach noch 5 Jerry Cans, die jeweils 20 l fassen. Bei der Gelegenheit erfahre ich gleich, warum diese Metallkanister Jerry Cans heißen: Sie wurden früher scheint nur von den Deutschen eingesetzt – den Gerries – aus denen später dann die Jerrys wurden. Der Vorteil dieses Ausdrucks war, dass man so Verwechselungen zwischen dem Wort „tank“, das sowohl „Tank“ als auch „Panzer“ bedeuten kann, ausschließen.
Gegen 11:00 Uhr brechen wir in Grootfontein
auf und der Großteil der Fahrt nach Tsumkwe verläuft ziemlich
unspektakulär.
Die ersten Kilometer sind wir noch auf der
geteerten Straße Richtung Rundu unterwegs, biegen dann aber ab und
bis nach Tsumkwe liegen 250 km Schotterpiste vor uns.
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Ich wundere mich übrigens, dass die Sonne, obwohl wir auf der südlichen Halbkugel sind und nach Osten fahren, durch das rechte Seitenfenster ins Auto scheint, komme nach einigem Überlegen aber dahinter, warum das so ist: Da wir uns sehr wohl südlich des Äquators, jedoch nördlich des südlichen Wendekreises befinden, ist es im in diesen Tagen der Sommersonnenwende, an denen die Sonne mittags eben über dem südlichen Wendekreis im Zenith steht, völlig logisch, dass sie auf dem 20° Breitengrades – auf dem wir uns befinden – von Süden scheinen muß!
Ansgar erzählt, dass se in den Gebieten
des Nyae Nyae Conservancies und des Khaudum Nationalparks jetzt wohl noch
mehr Elefanten gibt. Waren letztes Jahr ca. 3.200 Elefanten in Khaudum
unterwegs, sollen es jetzt schon an die 4.000 sein. Auf dem Gebiet des
Nyae Nyae Conservancies ist es noch krasser: Hier hat sich die Zahl der
dort lebenden Elefanten in den letzten ein oder zwei Jahren von 800 auf
1.500 Exemplare fast verdoppelt!
Durch Geburten allein – so erfahre ich von
Ansgar, der sich ja jetzt intensiv mit Elefanten beschäftigt – können
sich die Tiere um maximal 6 % jährlich vermehren. In diesem Fall muß
also auch die Migration [= Wanderung] eine nicht unbedeutende Rolle spielen.
Nach zwei ziemlich schlecht geschlafenen Nächten bin ich jetzt total KO und döse während der Fahrt immer mal wieder weg...
Plötzlich schrecke ich durch ein heftiges Geräusch unter dem Auto hoch. Das war definitiv mehr als einer der Steine, die uns ab und an von unten an die Karosserie schlagen. Was war es dann?
Ansgar stoppt den Wagen, was er auch zwangsläufig
muß, denn seit dem Geräusch hat er keine Kraftübertragung
auf die Räder mehr. Sofort ist klar, dass das Rad, für das wir
heute morgen schon ein Ersatzteil gekauft haben, die Probleme verursacht.
Die auf dem Ende der Achse sitzende Staubkappe
hatte gefehlt und die neue hatte nicht richtig gepaßt. Aber was ist
jetzt passiert?
Das Geräusch klang definitiv ziemlich
schlimm! Nach langem hin und her, viel Geschraube und probieren und jeder
Menge Öl an Ansgars Händen gelingt Ansgar folgende Diagnose:
Durch das Fehlen des Staubschutzes am Ende der linken Hinterachse ist im
Bereich des Schaftes feiner Sand in das äußerste Ende der Steckachse
gekommen und hat dort böse Spuren hinterlassen: Der Zahnkranz ist
komplett abgenutzt. Die ehemaligen Zähne sind durch den wie Schmirgelpapier
wirkenden Sand komplett abgeflacht und greifen fast überhaupt nicht
mehr ineinander.
Wir wissen nicht, ob und wie wir die Reise
nach überhaupt werden fortsetzen können...
Bis nach Tsumkwe sind es laut GPS noch gut
20 km – zu weit, um die Strecke heute noch zu Fuß gehen zu können.
Trotzdem müssen wir da irgendwie hin, denn dort gibt es ein Telefon,
von dem aus das Ersatzteil in Windhoek bestellt werden kann. Dann muß
es „nur noch“ nach Grootfontein geschickt werden und dort von einem von
uns abgeholt werden. Ein ziemlicher Akt also.
Aber dazu müssen wir überhaupt erst mal nach Tsumkwe kommen. Nach vielem Überlegen hat Ansgar eine Lösung ausgetüftelt, die uns zumindest die 20 km bis nach Tsumkwe bewältigen können lassen müßte: Auf der Seite des kaputten Zahnkranzes baut er die Steckachse aus und schaltet dann das Differentialgetriebe an. So wird das heile Rad (auf der gegenüberliegenden Seite) korrekt angetrieben, während das kaputte Rad einfach nur mitlaufen kann. So müßte man eigentlich – wenn auch langsam – fahren können.
Vorne im Auto ist ein englischer Text angebracht,
den zwar keiner von uns so richtig versteht, der aber vermuten läßt,
dass unsere Lösung die richtige ist, dass wir nur eben nicht sehr
schnell fahren können.
Also fahren wir mit etwas mehr als den auf
dem Schild empfohlenen 5 km/h Richtung Tsumkwe.
Das Auto spielt mir und tuckert brav die
Straße entlang. In diesem Tempo vergeht aber noch einmal mehr als
eine ganze Stunde, bis wir Tsumkwe erreicht haben. Aber lieber so, als
dass noch mehr kaputt gehen würde.
Wir fahren direkt zur Tsumkwe Lodge, wo einer der Angestellten Mechaniker ist und uns möglicherweise irgendwie helfen kann. Allerdings ist er ein überzeugter LandRover-Hasser und unkt, als er von unserem Problem hört, nur rum, dass so etwas ja hätte passieren müssen... In der Tat scheint es bei „Landies“ absolut an der Tagesordnung zu sein, dass etwas kaputt geht. Auf der anderen Seite ist der Vorteil der LandRover, dass sie so „analog“ und einfach gebaut sind, dass man sie in der Regel selbst ohne all zu viel von Autos zu verstehen, wieder fit machen kann. Es heißt, ein LandRover würde einen niemals im Stich lassen, sondern es immer schaffen, einen (irgendwie) nach Hause zu bringen...
Inzwischen ist es nach 17:00 Uhr und heute
werden wir eh nichts mehr unternehmen können. Wir werden die Nacht
also hier verbringen und die Frage der Ersatzteilbeschaffung morgen in
Angriff nehmen.
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Wir fahren auf den Campingplatz der Lodge,
wo wir auch vorletztes Jahr schon eine Nacht verbracht haben und richten
uns ein. Ansgar und ich bauen das große „Hauszelt“ auf und Heike
baut währenddessen für mich noch ein kleines 2-Mann-Zelt auf.
Es ist sechseckig und durch diese ungewöhnliche Form wird es noch
Tage dauern, bis ich eine Möglichkeit herausgefunden habe, es auch
alleine aufbauen zu können...
Ärgerlicherweise ist der Reisverschluß
des Zeltes nicht in Ordnung, so dass ich später in der Nacht noch
ein Moskitonetz über das Zelt lege, am morgen aber trotzdem drei fett
vollgesogene Moskitos erlege. Aber abgesehen davon, dass ich mich eh für
Malaria -Prophylaxe entschieden habe, dürften die Moskitos hier auch
noch keine überträger sein: Frühestens drei Wochen nach
dem ersten Regen sollte eine Ansteckung möglich sein und der erste
ergiebige Regen des Jahres ist hier erst vor einer Woche gefallen.
Zum Abendessen gibt es die leckeren Rumpfsteaks,
die wir in Grootfontein gekauft haben und dazu gebratene Zwiebeln und leckeren
Weißkohlsalat und Rotwein.
Nach dem langen heißen Tag, den wir
ja fast komplett im Auto verbracht haben, sind wir alle so müde, dass
wir gleich nach dem Essen in unsere Betten fallen.
Plötzlich aber fängt Daan an zu
weinen und steigert sich schnell in rasendes Gebrüll. Er hat offensichtlich
Durchfall und / oder Magenschmerzen und ist eine gute ½ Stunde lang
mit nichts auf der Welt zu beruhigen. Ohne wirklich zu wissen, was los
ist, habe ich die Vermutung, dass er vielleicht einfach zu viel gegessen
hat? Er schreit so laut und so andauernd, dass er schließlich ein
Ehepaar aus der Lodge auf den Plan ruft, die sich erkundigen, ob er vielleicht
gebissen worden ist oder ob und wie man ihm vielleicht helfen kann.
Durch das Auftauchen der beiden beruhigen
sich zum Glück alle, denn auch Heike und Ansgar hatten, weil keiner
mehr wußte, was er machen sollte, schon angefangen, sich in die Haare
zu kriegen...
Aber zum beruhigen sich dann doch alle und
wir können schlafen.
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